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Wer bezahlt Stilllegung und Entsorgung?


Hochkarätig besetzt ist die Kommission zur Überprüfung der Finanzierung des Kernenergieausstiegs (KFK), welche in Deutschland die Finanzierung von Stilllegung und Entsorgung der Kernkraftwerke überprüft. Präsidiert wird die Gruppe von drei politischen Schwergewichten, dem ehemaligen Umweltminister Jürgen Trittin (Grüne), dem ehemaligen Ministerpräsidenten und SPD-Vorsitzenden Matthias Platzeck sowie dem ehemaligen Hamburger Oberbürgermeister Ole von Beust (CDU). In der neunzehnköpfigen Gruppe sitzen neben Vertretern der Bundestagsfraktionen auch Repräsentanten der Umweltorganisationen, der Wirtschaft sowie der Kirchen. Bis zum Februar 2016 sollen sie Modelle zur künftigen Ausgestaltung der Finanzierung vorlegen, wahrhaft ein ambitiöses Vorhaben.

Bisher hatten die deutschen Kernkraftwerkbetreiber über Rückstellungen in den Konzernbilanzen die Finanzierung der auf sie zukommenden Kosten sichern wollen. In den letzten Jahren und speziell nach den für die deutschen grossen EVUs ebenfalls sehr mageren Finanzergebnissen waren Zweifel aufgekommen, ob genügend Mittel für diese langfristigen Verpflichtungen bereit stünden. In einem Gutachten eines externen Treuhandbüros hatte das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie abklären lassen, ob diese Gelder reichen würden. Sigmar Gabriel hatte parallel zur Veröffentlichung der Studie Entwarnung gegeben (um so den Börsen ein Signal zu geben) und bezeugt, dass die Mittel wohl reichen könnten. Trotzdem setzte er am 14. Oktober 2015 gleichzeitig die KFK ein.

Nachdem in einem ersten Hearing Ende November die Betreiber ihre Überlegungen präsentiert hatten, hatte ich am 1. Dezember 2015 Gelegenheit, das Schweizer Modell in einem viertelstündigen Inputreferat zu erläutern: Den Stilllegungs- und Entsorgungsfonds, unsere Organisation, unser Vorgehen zur Kostenberechnung, unsere Anlagestrategie und unsere Governance-Grundsätze. Spannend war für mich die darauffolgende rund stündige Fragerunde. Da ging es zum grossen Teil um Haftungsfragen: Wer wird bei falscher Anlage der Gelder zur Rechenschaft gezogen? Wer hat bei ungenauen Kostenschätzungen gerade zu stehen? Haben die Unternehmen untereinander vereinbart, wie diese Solidarhaftung unter den Betreibern funktionieren soll? Gibt es konkrete Kriterien, wann der Staat allenfalls einspringt, falls die Beiträge für die Betreiber wirtschaftlich nicht mehr tragbar wären? Was passiert, wenn sich nach der Stilllegung aller Kernkraftwerke zeigen würde, dass die Mittel für die Entsorgung nicht mehr reichen und die Betreiber nicht mehr zu Nachzahlungen verpflichtet werden können? Wie würde der Staat bei einer Aufspaltung der Firmen vorgehen?

Ich habe versucht klarzumachen, dass es selbst der klügsten Organisation kaum möglich ist, im Jahre 2015 für alle in den nächsten 100 Jahren anfallenden möglichen Risiken bereits jetzt definitive Antworten zu geben und Rückstellungen in Fonds anzuhäufen. Gleichzeitig habe ich aufgezeigt, dass auch unser System permanent hinterfragt und verbessert werden muss, dass auch wir mit unseren Betreibern Konflikte haben, die teils vor Gericht ausgetragen werden und dass wir bei unseren Ansätzen neben reinen Risikoüberlegungen (auf die vor allem unsere Finanzkontrolle setzt) auch volkswirtschaftliche Aspekte sowie Konzepte zur Sicherung der mittel- und langfristigen Stromversorgung einbeziehen.

Generell war eine grosse Hochachtung für diese frühzeitige und kluge Schweizer Lösung festzustellen, welche aktuell Mittel von 6 Milliarden Franken in den Fonds möglichst langfristig profitabel anlegen lässt und im Jahr 2014 eine Rendite von über 11% erwirtschaftete. Deutschland steht in den nächsten Monaten vor der Entscheidung, ob die Finanzierung von Stilllegung und Entsorgung in eine Atomstiftung ausgelagert werden soll. In diese hätten die grossen EVUs dann einen Teil ihrer Assets (Kraftwerke und Netze etc.) als Aktiva einzubringen und erhoffen sich so, sich längerfristig von diesen Risiken und möglichen Zusatzkosten zumindest teilweise zu befreien.

Der Schweizer Ansatz wurde gemäss Rückmeldungen von einzelnen Mitgliedern in den weiteren Diskussionen immer wieder als beinahe „idealtypisches Modell“ dargestellt, von dem man möglichst viel übernehmen möchte. Schön also, dass unser Nachbarland nach der Einführung der Wettbewerblichen Ausschreibungen im Stromeffizienzsektor, dem Auswahlverfahren für den Standort eines Tiefenlagers nun auch in einem dritten Bereich die Schweizer Lösung als Referenz nimmt.

Walter Steinmann, Direktor BFE

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