Auf Einladung des niedersächsischen Umweltministers Stefan Wenzel reiste eine neunköpfige Delegation des schweizerischen Beirats Energienetze vom 8. bis 10. Juli 2015 in das deutsche Bundesland Niedersachsen. In Niedersachsen wird mit einer installierten Windkraftleistung von über 7500 MW mehr Strom aus Windkraft erzeugt als in jedem anderen deutschen Bundesland. Die Netzinfrastruktur und ihr Ausbau spielen daher eine besonders wichtige Rolle.
Die Dimensionen der deutschen Energiewende in Niedersachsen und die Vorreiterrolle, die das nordwestliche Bundesland dabei einnimmt, sind beeindruckend. Obwohl der Umstieg auf eine nachhaltige Energieversorgung schon seit einiger Zeit läuft, ist die Zielstrebigkeit, mit welcher der gewählte Weg verfolgt wird, nicht abgeflaut und wird von der ganzen Region getragen. Trotz den damit verbundenen Herausforderungen und Kosten nutzt Niedersachsen die Energiewende als – auch wirtschaftliche – Chance.
Nach der Ankunft in Hannover wurde der Beirat Energienetze durch den niedersächsischen Umweltminister Stefan Wenzel im Gästehaus der Landesregierung in Empfang genommen. Während der folgenden zwei Tage kam die schweizerische Delegation unter Leitung von alt Ständerat Hansheiri Inderkum, Vorsitzender des Beirats Energienetze, und in Begleitung von Walter Steinmann, Direktor des Bundesamts für Energie BFE, in Genuss der niedersächsischen Energielandschaft. Auf dem Programm standen unter anderem Besuche bei den Stadtwerken Emden zum Thema Onshore-Windkraft, im Forschungszentrum Next Energy in Oldenburg sowie in einem kombinierten Druckluftspeicher- und Gasturbinenkraftwerk in Huntorf.
Ein Highlight der Reise war die Besichtigung des Umspannwerk Dörpen West in der Gemeinde Heede, welches vom Netzbetreiber TenneT betrieben wird. Zukünftig sollen hier 2600 MW installierte Erzeugungsleistung von Offshore-Windparks an das Stromnetz angeschlossen werden: Der auf See erzeugte Wechselstrom von mehreren Windparks wird auf dem Meer gebündelt und in Gleichstrom umgewandelt. Grösstenteils durch Erdverkabelungen gelangt der Gleichstrom anschliessend nach Dörpen West, wo er mittels Konverterstationen in Wechselstrom gewandelt und in das Übertragungsnetz eingespeist wird.
Bei den Stadtwerken Osnabrück konnten die Anwesenden nach einer kurzen Präsentation der Tätigkeiten der Stadtwerke Osnabrück diverse Elektroautos Probe fahren. Für den Fuhrpark von 28 Elektroautos unterschiedlicher Hersteller stehen rund 40 Ladestationen auf dem Stadtgebiet zur Verfügung. In einem der beiden Batterie-Elektrobusse, welche im täglichen Betrieb eingesetzt werden, wurde anschliessend eine kurze Stadtrundfahrt unternommen. Die Stadtwerke planen, bis in das Jahr 2020 80 Prozent ihres Nahverkehrs elektrisch zu betreiben.
Die Power-to-Gas Anlage von Audi in Werlte produziert pro Jahr rund 1000 Tonnen synthetisches Methan und bindet dabei zirka 2800 Tonnen CO. Zuerst spaltet die Anlage unter Verwendung von überschüssigem Strom Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff (Elektrolyse). Durch die nachfolgende Reaktion des Wasserstoffs mit CO? entsteht synthetisches Methan, das sogenannte «Audi e-gas». Es ist mit fossilem Erdgas nahezu identisch und wird vor Ort in das Erdgasnetz eingespeist. Das Angebot wird momentan von rund 1000 Kunden genutzt, um ihr Auto CO?-neutral zu betanken.
Die Erneuerung der Schweizer Netzinfrastruktur ist in den nächsten Jahren unumgänglich. Ziel ist, eine bedarfs- und zeitgerechte Entwicklung der Energienetze sicherzustellen. Der Beirat Energienetze soll die Arbeiten für den Netzausbau und -umbau hinterfragen, begleiten und unterstützen. Die Mitglieder des Beirats aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und weiteren Bereichen werden vom Eidgenössischen Departement für Umwelt, Energie, Verkehr und Kommunikation UVEK ad personam ernannt.
Niklas Jäggi, Sektion Netz
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