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Frühlingssession 2023: Parlament will mehr erneuerbare Energie


Welche Konzessionen sollen beim Naturschutz möglich sein, um mehr Strom zu produzieren? Und sollen Hauseigentümer und -eigentümerinnen verpflichtet sein, auf ihren Dächern Solarpanels zu installieren? Das waren die Fragen, die der Nationalrat in der Frühlingssession zu entscheiden hatte. Zur Debatte stand die Revision des Energie- und Stromversorgungsgesetzes (auch Mantelerlass genannt), das den Ausbau der erneuerbaren Energien vorsieht.

141 Seiten umfasste die Vorlage «Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien», die im Nationalrat als Zweitrat traktandiert war. Und dieser stellte sich in mehreren Punkten gegen den Ständerat, der die Vorlage im September 2022 beraten hatte. So korrigierte der Nationalrat den Ständerat in der Entscheidung, den Schutz von Biotopen und von Wasser- und Zugvogelreservaten von nationaler Bedeutung aufzuweichen. Der Bau von Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien soll in solchen schützenswerten Gebieten weiterhin ausgeschlossen bleiben.

Im Gegensatz zum Ständerat ist die grosse Kammer jedoch einverstanden, in einem anderen Bereich die Energie-Versorgungssicherheit über den Umweltschutz zu stellen: Bei den Bestimmungen zu den Restwassermengen bei Wasserkraftanlagen. Die Bürgerlichen setzten sich mit einer hauchdünnen Mehrheit gegen die Ratslinke durch und entschieden mit 95 zu 94 Stimmen für eine Sistierung der Restwasservorschriften bei neuen Wasserkraftwerken. Das heisst: Kraftwerkbetreiber müssen für die Stromproduktion künftig weniger Wasser ungenutzt abfliessen lassen.

Uneinig war man sich in der grossen Kammer auch beim Thema Solarpflicht. Am Ende fand ein Kompromissvorschlag von Jacqueline de Quattro (FDP/VD) Anklang, womit sich der Nationalrat neu für eine Pflicht nur bei Neubauten und erheblichen Um- und Erneuerungsbauten ausspricht.

Deutlich abgelehnt wurde die Aufweichung des Verbots für den Bau neuer Atomkraftwerke. Mitte-Links stimmte geschlossen gegen die entsprechenden Vorstösse aus dem bürgerlichen Lager. Somit wird es in naher Zukunft keine Änderung des Kernenergiegesetzes geben.

In der Gesamtabstimmung gaben SP, Mitte, FDP und GLP der Revision des Energie- und des Stromversorgungsgesetzes grossmehrheitlich grünes Licht. Die SVP war mehrheitlich dagegen und die Grünen enthielten sich der Stimme. Der neue Energieminister Albert Rösti (SVP) fand am Ende der Marathondebatte klare Worte für die Parlamentsmitglieder: „Es gibt keinen Plan B, wenn dieses Gesetz scheitern sollte.“ Er appellierte deshalb an das Parlament, in den kommenden Monaten eine mehrheitsfähige Lösung zu erarbeiten. Als nächstes ist wieder der Ständerat am Zug.

Nebst dem energiepolitischen Fokus auf diese Revision traf der Nationalrat den weiteren wegweisenden Entscheid, nach der Solaroffensive nun auch eine Windenergieoffensive zu starten. Er hat dem dringlichen Bundesgesetz zur Beschleunigung der Bewilligungsverfahren für Windparks zugestimmt. Auch hier liegt der Ball nun wieder beim Ständerat.

In der kleinen Kammer war während dieser Session in Sachen Energiepolitik der Vorstoss von Nationalrat Matthias Samuel Jauslin (FDP, Aargau) traktandiert. Er forderte in seiner Motion, dass der Untergrund besser genutzt wird für die Speicherung von Wärme und Abwärme. Der Ständerat stimmte dem Vorstoss als Zweitrat oppositionslos zu. Der Bundesrat, der die Annahme des Vorstosses empfohlen hatte, muss nun die entsprechenden Grundlagen erarbeiten.

Marco Wyss, Hochschulpraktikant Politik und Kommunikation, Bundesamt für Energie
Bild: parlament.ch/Franca Pedrazzetti