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IEA Tiefenprüfung 2022 – Eine Analyse der schweizerischen Energiepolitik


Die 1974 gegründete Internationale Energieagentur (IEA) führt regelmässig ausführliche Peer Reviews der Energiepolitik ihrer Mitgliedsländer durch. Dadurch soll die Entwicklung der nationalen Energiepolitiken, sowie der Austausch von internationalen Best Practices und Erfahrungen gefördert werden. Auch die Schweiz unterzieht sich als Gründungsmitglied der IEA alle vier Jahre einer Tiefenprüfung ihrer Energiepolitik. Eine Delegation von internationalen Expertinnen und Experten führte diese vom 22. bis zum 28. November 2022 in Ittigen bei Bern durch.

Im Vorfeld der Prüfwoche musste das Bundesamt für Energie (BFE) einen Bericht erarbeiten, der die Energiepolitik in allen Facetten beleuchtet. Der Fragebogen, den die IEA den Mitgliedsstaaten für diesen Bericht zukommen lässt, ist in elf Kapitel gegliedert, die von «General Energy Policy» bis zu spezifischeren Themen wie Gasversorgung und -produktion reichen. In der Schweiz erstellt das BFE diesen Bericht jeweils in Zusammenarbeit mit allen betroffenen Stakeholdern, wie Energiekonzernen und Umweltverbänden.

Die letzte Tiefenprüfung in der Schweiz war im Jahr 2018. Die IEA kam dabei zu folgenden Schlüssen: Die Schweiz hat die niedrigste Kohlenstoffintensität aller IEA-Länder, was vor allem auf den kohlenstofffreien Stromsektor zurückzuführen ist. Der Stromsektor ist von der Atom- und Wasserkrafterzeugung geprägt. Nach der Entscheidung des Schweizer Bevölkerung von 2017, schrittweise aus der Kernenergie auszusteigen, befindet sich der Schweizer Energiesektor in einem tiefgreifenden Wandel. Die Lücke zu schliessen, die der Atomausstieg hinterlässt, und gleichzeitig eine erneuerbare Stromerzeugung und eine hohe Versorgungssicherheit aufrechtzuerhalten, ist eine der Herausforderungen, die die Schweiz in ihrer langfristigen Energiestrategie angehen muss.

Die IEA legte in ihrer Untersuchung vor vier Jahren den Fokus auf die Gestaltung des Strommarktes und die Klimapolitik für die Zeit nach 2020. Die neue Energiestrategie erfordere, gemäss Empfehlung der IEA, die Öffnung des Schweizer Strommarktes und die vollständige Integration in den europäischen Strommarkt, um den zukünftigen Energiebedarf zu decken. Die IEA ermutigte die Schweizer Regierung, die laufenden Verhandlungen mit der Europäischen Union über ein Stromabkommen zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen.

Die Resultate der aktuellen Tiefenprüfung liegen erst in einigen Monaten vor. Lukas Gutzwiller, Fachspezialist Energieversorgung und Monitoring hat 2022 bereits die dritte Tiefenprüfung seitens der Schweiz mitkoordiniert. Energeiaplus fragte bei ihm nach, wie sich der Prozess in den letzten Jahren verändert hat.

Lukas Gutzwiller: Vor zehn Jahren stand der Ausstieg aus der Kernenergie im Vordergrund. Neu sind das fehlende Stromabkommen und die Beziehungen zur EU das Hauptthema. Die Ukraine-Krise zeigt, wie wichtig geregelte Beziehungen zu den Nachbarländern sind, wenn es um die Versorgungssicherheit geht.

Foto der Teilnehmenden an der IEA Tiefenprüfung mit BFE-Direktor Benoît Revaz

Foto der Teilnehmenden an der IEA Tiefenprüfung mit BFE-Direktor Benoît Revaz

Der ganze Prozess wurde über die Jahre noch intensiver, auch dank der Möglichkeit von hybriden Sitzungen. Auch die Industrie und die externen Stakeholder sind sehr motiviert dabei, weil ihnen die Dringlichkeit der Lösungen bewusst ist.

Energeiaplus: Am Montag dem 28. November haben die Experten erste Resultate der Tiefenprüfung präsentiert. Lässt sich daraus bereits etwas für den abschliessenden Bericht ableiten?

Ja. Die Experten finden es wichtig, dass die Schweiz ihre Beziehungen zur EU verbessert, beziehungsweise auf eine solide rechtliche Basis stellt. Teils war ihnen nicht bewusst, dass wir im Strombereich seit 2007 verhandeln. In dieser Zeit sind immer mehr Forderungen der EU auf Schweiz zugekommen wie die automatische Rechtsübernahme und ein gemeinsames Gericht. Die IEA-Experten waren überrascht, dass bis jetzt keine Lösung gefunden wurde.

Weiter fiel den Experten auch auf, wie langwierig und komplex die Bewilligungsverfahren für Projekte für die erneuerbare Stromproduktion sind. Gleichzeitig waren sie durch unser System der direkten Demokratie, in welchem das Volks jeweils das letzte Wort hat, beeindruckt.

Energeiaplus: Die Expertinnen und Experten sind nun wieder zurück in ihre Heimatländer gereist. Wie sieht nun der anschliessende Prozess aus? Wann kann die Schweiz mit dem finalisierten Bericht rechnen?

Der Bericht wird nun überarbeitet und wird voraussichtlich im Juni 2023 an einer IEA-Sitzung zur Publikation verabschiedet.

 

Florin Konrad, Hochschulpraktikant Medien & Politik, Bundesamt für Energie

Foto: BFE