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«Eine Testfahrt führt nicht automatisch zum Kauf eines energieeffizienten Autos»


Beim durchschnittlichen CO2-Ausstoss der verkauften Neuwagen ist die Schweiz Europameisterin: In keinem anderen europäischen Land stossen die Neuwagen mehr CO2 aus als hierzulande. Um die Autokäuferinnen und Autokäufer zu den Themen CO2 und Energieeffizienz zu sensibilisieren, wurde 2015 die Aktion «co2tieferlegen» lanciert. Was wurde mit der Aktion erreicht? Das zeigt der Evaluationsbericht, der nun vorliegt. BFE-Fachspezialist Thomas Weiss nimmt im Interview Stellung.

Thomas Weiss, Fachspezialist Mobilität beim Bundesamt für Energie (BFE), hat die Kampagne betreut.

Die Schweiz belegt bei den durchschnittlichen CO2-Emissionen der verkauften Neuwagen weiterhin die Spitzenposition in Europa. Was hat die Aktion «co2tieferlegen» gebracht?

Thomas Weiss: Mit der Webseite «co2tieferlegen.ch» haben wir seit der Lancierung im Herbst 2015 über zwei Millionen Seitenaufrufe generiert und auch die Medienpartnerschaften weisen sehr gute Werte auf. Wir haben also eine Sensibilisierung zum Thema erreicht.

Aber die Zahlen der Webseite zeigen auch, dass die Absprungrate hoch war. Wer die Seite «co2tieferlegen.ch» angeklickt hatte, las einen Artikel, blieb aber oft nicht auf der Seite hängen.

Allein durch Sensibilisierung eine Verhaltensänderung beim Kaufentscheid zu erzielen, ist speziell beim Neuwagenkauf eine sehr grosse Herausforderung. Denn beim Autokauf spielen nebst dem Thema Umwelt viele andere Elemente eine wichtige Rolle. Beispielsweise der Preis, die Rabatte, das Design oder die Verfügbarkeit der Modelle.

Ziel der Kampagne war es, AutokäuferInnen anzusprechen, die sich bisher nicht für Energieeffizienz interessieren. Ist das gelungen?

Mit «co2tieferlegen» wollten wir unter anderem zeigen, dass energieeffiziente Fahrzeuge sehr viel Fahrspass bieten. Das muss man selber erleben. Darum wurden bei den Roadshows Testfahrten angeboten. Die Rückmeldungen dazu waren stets sehr positiv.

Aber klar: Eine Testfahrt führt noch nicht automatisch zum Kauf eines Modells mit alternativem Antrieb. Der Kaufprozess läuft in mehreren Phasen ab und zahlreiche Faktoren beeinflussen den endgültigen Kaufentscheid. Die Evaluation hat sehr gut aufgezeigt, dass es gerade in der späteren Phase der Kaufentscheidung schwierig ist, die Zielgruppen zu erreichen.

Mit co2tieferlegen wollte man eine Marke für energieeffiziente Fahrzeuge aufbauen. Ist das gelungen?

«co2tieferlegen» sollte sich in der Sprache aber auch im visuellen Auftritt an der Autobranche orientieren. Die Aktion hat geholfen, unsere Botschaften zu platzieren. So zum Beispiel am Auto-Salon in Genf, wo wir in den letzten fünf Jahren als Presenting Partner dabei waren.

Eine Marke aufzubauen und zu etablieren ist aber sehr aufwändig, teuer und braucht Zeit. Das haben wir letztlich nicht erreicht. Die Evaluation empfiehlt uns daher, die Marke «co2tieferlegen» aufzugeben. Zu mächtig sind die spezifischen Werbekampagnen der einzelnen Autohersteller und zu stark der Verdrängungswettbewerb.

Energieeffiziente Antriebe werden mehr oder weniger ausschliesslich mit E-Mobilität gleichgesetzt. Welchen Einfluss hatte dies auf die Kampagne?

Die Elektromobilität ist seit ein paar Jahren die dominierende Technologie im Bereich der alternativen Antriebe und ein Dauerthema in den Medien. Sie war auch sehr präsent auf «co2tieferlegen.ch».

 

«Das Bedürfnis nach neutralen und faktenbasierten Informationen ist da.»

 

Wir wurden von gewissen Seiten kritisiert, dass die Kampagne deswegen nicht technologieneutral sei. Die Evaluation empfiehlt, dass wir weiterhin Informationen zu allen Antriebstechnologien bereitstellen sollen. Der Fokus soll aber klar auf der Elektromobilität liegen, da dort der Informationsbedarf am grössten ist.

Wie wird sich der Bund künftig im Bereich der Promotion von Neuwagen engagieren?

Die Evaluation hat gezeigt, dass bei den Autokäuferinnen und Autokäufern ein Bedürfnis nach neutralen und faktenbasierten Informationen vorhanden ist. Der Bund soll hier weiterhin eine aktive Rolle spielen. Er kann eine Plattform mit den nötigen Hintergrundinformationen bieten. Die Erkenntnisse aus der vorliegenden Evaluation werden in die Konzeption der Aktivitäten ab 2021 einfliessen.

 

Wissenswertes zu «co2tieferlegen»

In der Schweiz ist der Verkehr für einen Drittel der CO2-Emissionen verantwortlich – drei Viertel davon entfallen auf Personenwagen. Das Ziel ist, den CO2-Ausstoss markant zu senken.
Die Internet-Seite «co2tieferlegen.ch» zeigt sämtliche Modelle, die einen CO2-Ausstoss von maximal 115 g/km haben und der Energieeffizienzkategorie A oder B angehören.
co2tiefergelegte Autos profitieren dank des tiefen Verbrauchs oder des Elektroantriebs von tiefen Betriebskosten. Zudem ist in vielen Kantonen die Motorfahrzeugsteuer für energieeffiziente Autos reduziert worden und einige Energiedienstleister unterstützen den Kauf eines solchen PWs mit direkten Fördermitteln.

 

Das Interview führte Brigitte Mader, Kommunikation Bundesamt für Energie

1 Antwort
  1. Werner Zumbrunn
    Werner Zumbrunn sagte:

    Die Massnahmen des Bundes zur Verminderung der CO2-Emissionen von Personenwagen bewirken offenbar wenig: Der durch den Verkehr verursachte CO2-Ausstoss – gemäss Bundesamt für Statistik für 40 % verantwortlich – sinkt nicht: Seit 1990 hat er sogar um 3 % zugenommen. Dies ist nicht erstaunlich, denn die Massnahmen in der CO2-Verordnung mit ihren 19 Artikeln, 2’613 Wörtern und 18’535 Zeichen sind nicht zielführend, wie ein einfaches Beispiel zeigt:
    Jemand kauft ein energieeffizientes Auto mit einem CO2-Ausstoss von 100 g/km und fährt im Jahr 50’000 km; dies ergibt eine CO2-Emission von 5 Tonnen/Jahr. Eine andere Person kauft einen SUV mit einem CO2-Ausstoss von 200 g/km und fährt im Jahr 10’000 km; dies ergibt eine CO2-Emission von 2 Tonnen/Jahr. Fazit: Die „CO2-Schleuder“ verursacht im Betrieb nur 40 % des CO2-Ausstosses des energieeffizienten Autos. Daraus folgt: Die Massnahmen der CO2-Verordnung zielen vollkommen daneben. Würde der Bund stattdessen eine CO2-Abgabe auf Treibstoffe erheben – analog der Abgabe auf Brennstoffe – wäre dies viel wirksamer. Und es würde erst noch eine aufwendige, aber weitgehend sinnlose Administration wegfallen.

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