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Wenn dank Drohnen weniger Flugzeuge fliegen


Drohnen sind heute vielseitig im Einsatz und vereinfachen viele Prozesse in der Luft. Dem Flugverkehr sind die ferngesteuerten Quadrokopter aber oft ein Dorn im Auge. Sie sind schwierig zu kontrollieren und werden meist von Privatpersonen geflogen. Die Schweizerische Flugsicherung Skyguide hat indes einen Weg gefunden, sich die flinken Flugobjekte zugunsten ökologischer und finanzieller Vorteile zu Nutzen zu machen. Seit Januar 2018 werden regelmässig eigens entwickelte Drohnen eingesetzt, um das Instrumentenlandesystem ILS zu kontrollieren. Wir haben mit Navigationsingenieur und Projektleiter Hervé Demule über die Hintergründe dieses Pionierprojekts gesprochen.

Hervé Demule, was genau ist ein Instrumentenlandesystem?
Das Instrumentenlandesystem, oder auch das ILS, ist eine Art radioelektrische Landebahn in der Luft. Macht sich ein Flugzeug zum Anflug bereit, folgt es 20 Kilometer vor der Landebahn einer vorgegebenen Flugroute, die es zur Landebahn führt. Diese Route ist über die Instrumente im Cockpit sichtbar, sodass sichere und genaue Anflüge bei jeder Witterung gewährleistet sind.

Und dafür sind regelmässige Messungen nötig?
Genau. Diese Anflugrouten müssen regelmässig neu vermessen bzw. kalibriert werden. Heute vermessen wir das ILS mit zwei Methoden: Einmal im Monat fährt ein Messfahrzeug mit einer 5m hohen Antenne der Piste entlang und überprüft die Anflugdaten. Zusätzlich lassen wir alle sechs Monate ein spezielles Messflugzeug aus Deutschland anreisen, das meist nachts während ungefähr vier Stunden das ILS neu ausmisst. Dafür sind zahlreiche Anflüge nötig. Anschliessend werden die Daten von Messfahrzeug und -flugzeug abgeglichen. Benötigt wird eine möglichst hohe Korrelation der beiden Datensätze.

Wo kommt die Drohne zum Einsatz?
Die Drohne bewegt sich zwischen den beiden heutigen Methoden. Während die Bodenmessungen maximal 22 Meter Höhe erreichen, kann die Drohne bis zu 240 Meter in die Höhe steigen. Neu schicken wir jedes Mal, wenn das Messfahrzeug am Boden im Einsatz ist, die Drohne als Ergänzung mit auf einen Messflug. Mit dem Abgleich dieser beiden Datensätze erreichen wir eine viel höhere Genauigkeit, als alleine mit dem Messfahrzeug.

Kann das Messflugzeug also durch die Drohne ersetzt werden?
Nicht ganz. Oder zumindest noch nicht. Die Drohne misst zwar deutlich weitere Distanzen, als dies mit den Bodenmessungen möglich ist. Um aber den Gleitwinkel richtig auszuloten, sind Distanzen von bis zu 20 Kilometern zu überwinden, wofür es heute noch das Messflugzeug braucht. Die Drohne, welche wir für dieses Projekt entwickelt haben, ist eine Line-of-sight-Version (LOS). Das heisst, sie kann nur mit Sichtkontakt geflogen werden. Die nötige Distanz zur Vermessung des gesamten ILS ist damit nicht möglich.


Der Effizienz verschrieben

Effizienz ist nicht nur ein Nachhaltigkeitsziel von Skyguide, sondern gar die Mission. Als Flugsicherungsunternehmen organisiert sie den Luftverkehr in der Schweiz und im angrenzenden Ausland. Ein flüssiges und ressourcenschonendes Flugverkehrsmanagement sorgt dabei für Sicherheit und schont gleichzeitig die Umwelt. Denn optimierte Flugbahnen können den Treibstoffverbrauch nachhaltig reduzieren.

Skyguide hat sich in den letzten Jahren in verschiedenen Projekten für die Effizienzsteigerung engagiert, so etwa im Bereich der Anflüge auf Schweizer Flughäfen. Werden die Landungen der verschiedenen Maschinen während des Fluges früh genug geplant und aufeinander abgestimmt, kann verhindert werden, dass Maschinen in Warteschlaufen über der Flughafenregion im Kreis fliegen müssen, bis sie landen dürfen. In den letzten Jahren konnte die Dauer solcher Warteschlaufen, oder auch Holdings, durch eine höchstmögliche Landeeffizienz um 90% reduziert werden. Ein weiteres Optimierungsverfahren bietet auch der kontinuierlichere Sinkflug, bei dem die Maschine möglichst ressourcenschonend zur Piste «gleiten» kann. Dank dieser Massnahme können etwa 145kg CO2 pro Flug eingespart werden.

 

Wo liegt dann der Mehrwert der Drohne?
Das Messflugzeug kann zurzeit zwar nicht komplett ersetzt werden, wir können die Einsätze aber deutlich reduzieren. In einer ersten Phase schrauben wir die Kadenz der Messflüge von sechs auf zwölf Monate herunter. In Anbetracht des Aufwands eines solchen Einsatzes können wir so Kosten sparen und den CO2-Ausstoss reduzieren.

Wie gross ist das Sparpotenzial?
Die Vermessung eines ILS dauert rund vier bis fünf Stunden. Die Drohne fliegt aktuell an den Flughäfen Genf und Zürich, wo wir insgesamt sechs ILS zählen. So kommen wir aktuell zweimal jährlich auf rund 25 Stunden Flugzeit. Dabei werden jedes Jahr gut 40 Tonnen CO2 ausgestossen. Wenn wir die Kadenz von sechs auf zwölf Monate reduzieren, können wir jedes Jahr 20 Tonnen CO2 einsparen. Da die Drohne nur nachts, ausserhalb der offiziellen Flugverkehrszeiten fliegt, wird der Flugverkehr am Tag der Messung auch nicht mehr gestört. So werden bei den Linienflügen durch vermiedene Wartezeiten und Umleitungen weitere CO2-Einsparungen erreicht.

Ist die Drohne denn schon im Einsatz?
Ja. Wir haben diese Drohne mit ihren Funktionen inhouse entwickelt und konkret auf unsere Bedürfnisse angepasst. Sie ist ein Pionierprojekt in unserer Branche, somit betreten wir mit weiteren Entwicklungen Neuland. Deshalb haben wir uns zwei Jahre Zeit gegeben, um sie zu testen und optimieren. Zukunftsweisend ist aber auf jeden Fall, dass die Genauigkeit der Messungen alle herkömmlichen Systeme bei weitem übertrifft. Die Auflösung ist 100-mal besser als beim Messflugzeug: Während dieses alle acht Meter eine Messung macht, hat die Drohne eine Kadenz von acht Zentimetern. Zudem ist sie zuverlässiger, da die Flugrouten vorprogrammiert sind und die Drohne im Auto-Modus fliegt. Das Messflugzeug wird manuell von Piloten geflogen.

Welche weiteren Entwicklungen sehen Sie mit der Drohne in Zukunft?
Ich denke es gibt durchaus Potential, den Einsatz von Drohnen in unserer Branche auszubauen. Sollte es uns gelingen, eine Beyond-line-of-sight-Drohne (BLOS), die weitere Distanzen zurücklegt, für den gleichen Zweck zu entwickeln, können wir eines Tages womöglich auf die Messflugzeuge verzichten. Das ist aber noch Zukunftsmusik. Heute ist das auch aus rechtlichen Gründen noch nicht möglich. Drohnen sind noch nicht in den öffentlichen Flugverkehr eingebunden.

Welche Hürden gilt es in der weiteren Entwicklung zu überwinden?
Einerseits sind das natürlich die technischen Fortschritte. Diese haben wir aber zum Teil selber in der Hand. Was ausserhalb unseres Handlungsspielraums liegt und entscheidend ist für den Einsatz von Drohnen, ist die Rechtslage. Die autonomen Fluggeräte haben den Markt schneller erobert, als man sie ordentlich in den Verkehr hätte einplanen können. Im Gegensatz zu anderen Flugobjekten werden sie denn auch oft von Privatpersonen geflogen, was die Kontrolle massiv erschwert und ein beträchtliches Sicherheitsrisiko darstellt. Der Prozess ist aber im Gange und Skyguide leistet hier Pionierarbeit: Wir führen in Zusammenarbeit mit Airmap und dem Bundesamt für Zivilluftfahrt die Plattform Swiss U-Space – das nationale Fluginformationsmanagementsystem für Drohnen (FIMS) – ein, um eine sichere und offene Drohnenwirtschaft zu ermöglichen.

Andreas Renggli, Polarstern, Kommunikation Energie-Vorbild

 


Energie-Vorbild

Von 2006 bis 2020 will der Bundesrat die Energieeffizienz innerhalb der Bundesverwaltung und in bundesnahen Unternehmen um 25% steigern. Die beteiligten Akteure (seit 2017 auch öffentliche Unternehmen von Kantonen) planen und koordinieren einen Teil ihrer Massnahmen im Rahmen der Initiative Energie-Vorbild. Ihr Aktionsplan umfasst 39 gemeinsame Massnahmen aus drei Aktionsbereichen (Gebäude und erneuerbare Energien, Mobilität sowie Rechenzentren und Green IT) plus eine Reihe spezifischer Massnahmen, die jeder Akteur individuell festlegt. Aktuell gehören folgende Akteure dazu: Die Schweizerische Post, ETH-Bereich, Genève Aéroport, SBB, SIG, Skyguide, Suva, Swisscom, VBS und zivile Bundesverwaltung. In jeder Ausgabe von Phase 5 präsentiert Energie-Vorbild Ideen und Projekte, wie die Energieeffizenz und der Anteil erneuerbarer Energie weiter gesteigert werden können. www.energie-vorbild.admin.ch

 

 

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