Vom Eierkochen zur Energiestrategie 2050
Begonnen hat alles vor rund 32 Jahren in der Sektion Energiesparen im Bundesamt für Energie, wo ich 1988 die erste Energiesparkampagne mit dem legendären Eierkochen von Bundesrat Adolf Ogi begleiten konnte. Im Jahr 1990 folgte dann der Energienutzungsbeschluss, in dem bereits ein Bedarfsnachweis für ortsfeste elektrische Widerstandsheizungen und die Pflicht zur verbrauchsabhängigen Heizkostenabrechnung in bestehenden Gebäuden enthalten waren. Leider hat man diese Massnahmen im Energiegesetz 1998 wieder rausgekippt. So habe ich die Energiepolitik oft erlebt: Zwei Schritte vor, einer zurück.
Nicht selten waren unsere Projekte der Zeit voraus, wie z.B. die beiden DIANE-Projekte (Durchbruch innovativer Anwendungen neuer Energietechniken) in den 1990er Jahren: Niedrigenergiehäuser in Öko-Bauweise und Sicherheit von Klein-Elektromobilen. Einiges ist dann in das Programm Energie2000 bzw. in seinen Nachfolger EnergieSchweiz eingeflossen. Diesem Programm hat man ausserdem die gesamten Ziele in den Bereichen Effizienz und erneuerbare Energie aufgebürdet. Schnell war jedoch klar, dass diese Ziele allein mit freiwilligen Massnahmen unerreichbar waren. Erste Gerätevorschriften traten in Kraft. Mit der Teilzweckbindung der CO2-Abgabe konnte die Erneuerung des Gebäudeparks und mit dem Netzzuschlag die Förderung der Produktion von Strom aus erneuerbaren Energien forciert werden. Unter dem Eindruck der Reaktorkatastrophe in Fukushima beschlossen Bundesrat und Parlament den Ausstieg aus der Atomenergie und gleisten die Arbeiten an der Energiestrategie 2050 auf. Sie ist ein wichtiger Schritt hin zu einer nachhaltigen Energiezukunft. Allerdings mahlen die Mühlen hier zu Lande sehr langsam. Massnahmen werden oft nur dann ergriffen, wenn der Leidensdruck zu gross wird und ich frage mich, ob wir den Klimawandel so noch aufhalten können. Ich bin überzeugt, dass die Zeit drängt und die Wolkenschiebereien aufhören müssen. Man kann nicht ambitionierte Klima- und Energieziele beschliessen, bei den Massnahmen dann aber das Sankt-Florian-Prinzip hochhalten: Sollen doch zuerst mal die anderen handeln. Die Instrumente und Technologien sind vorhanden und können auf der Basis der 4 Säulen – Information und Beratung, Förderung, Vorschriften und Lenkung – rasch umgesetzt werden.
Ich gehe nun in Pension und werde die Energie- und Klimapolitik aus einer neuen Perspektive betrachten – in der Hoffnung, dass künftig «weniger gelafert, dafür mehr geliefert» und so das Klima nicht durch warme Luft zusätzlich aufgeheizt wird. Ich wünsche allen, die sich für eine nachhaltige Energiepolitik und ein gesundes Klima einsetzen viel Erfolg und ich vertraue der Klimajugend, dass sie den Druck aufrechterhält.
Hans Peter Nützi, Stv. Leiter Abteilung Energieeffizienz und Erneuerbare Energien, Leiter Sektion Industrie und Dienstleistungen, Bundesamt für Energie
Mehr zur Geschichte der schweizerischen Energiepolitik: Blogserie 20 Jahre schweizerisches Energiegesetz
Eierkochen nach Ogis Methode funktioniert bestens und spart effektiv netto Energie. Ich praktiziere es seit langem…
Bei vielen der über 50 Massnahmen der ES 2050 können wir hingegen froh sein, dass sie im Palaver-Stadium hängenbleiben, weil sie im Hinblick auf ihre energetischen Ziele und Umweltziele bestenfalls nicht schädlich wären. Nehmen Sie z.B. den raschen Umstieg der Schweiz von Verbrennungsmotoren auf Elektromotoren im Verkehr, der die CO2-Bilanz weltweit (und nur diese ist massgebend) massiv verschlechtern würde. Oder nehmen Sie die Photovoltaik in der Schweiz, die wohl an den meisten Orten auf so miese Erntefaktoren kommt, dass sie in Tat und Wahrheit nicht Energiequellen, sondern Energiesenken darstellen.
Gerade die Abteilung Energieeffizienz, Herr Nützi, muss rechnen, rechnen, rechnen – und nicht hoffen und glauben. Sonst ist sie nicht nützlich, sondern kontraproduktiv!
Danke Hans Peter für Deinen in 32 Jahren vielseitigen, kompetenten und oft humorvollen Einsatz zugunsten der Energieeffizienz. Geniesse Deine Zeit.
Alles Gute!
Hallo Hanspeter, ich weiss nicht, ob dich diese Zeilen erreichen. Vielleicht errinnerst du dich auch nicht mehr an mich! Wir haben zusammen die Kanti in SO besucht, vor bald 50 Jahren. Jedenfalls wünsche ich dir eine gute Zeit im Ruhestand!