Revision Stromversorgungsgesetz kurz erklärt …
Am 17. Oktober 2018 hat der Bundesrat die Vernehmlassung zur Revision des Stromversorgungsgesetzes eröffnet. Wozu braucht es eine Anpassung dieses Gesetzes? Und was soll sich dabei genau ändern? Im Folgenden eine kurze Übersicht zu diesen Fragen.
Was beinhaltet die Gesetzesanpassung?
Neben der vollständigen Öffnung des Strommarkts bezweckt die Revision die Modernisierung der Gesetzgebung. Die Technologien entwickeln sich rasant weiter und auch die Märkte bleiben nicht stehen. Die regulatorischen Rahmenbedingungen müssen diesen Entwicklungen Rechnung tragen. Beispielsweise muss berücksichtigt werden, der, dass Wärmepumpen, Batteriespeicher oder andere flexible Geräte zur Stabilisierung des Stromnetzes eingesetzt werden können. Da sich die Entwicklungen vor allem auf Ebene der Verteilnetze stark auswirken, sollen die Netzkosten künftig verursachergerechter ausgestaltet und für den Verbraucher transparenter werden. Für ausserordentliche, unvorhersehbare Versorgungssituationen soll zudem eine Speicherreserve als zusätzliche Absicherung eingeführt werden.
Worum geht es bei der vollen Marktöffnung?
Bei den meisten Konsumgütern sind wir uns gewohnt, aus unterschiedlichen Angeboten und verschiedenen Anbietern frei wählen zu können. Elektrizität hingegen ist leitungsgebunden und damit ein spezielles Produkt. Konkurrenz bei den Stromnetzen würde wenig Sinn ergeben. Wir hätten dann parallele Netze und verschiedene Steckdosen im Haus, aus denen wir auswählen könnten, von welchem Netzbetreiber wir gerade den Strom beziehen wollen. Ein solches Modell wäre nicht praktikabel – das Stromnetz wird also weiterhin ein Monopol bleiben.
Bei der Energie, die durch das Netz fliesst, sieht es aber anders aus. Bereits heute wird ein Grossteil des Schweizer Stroms frei gehandelt. Industriekunden können seit 2009 ihren Stromlieferanten frei wählen. Haushalte und KMU hingegen haben bisher keine Wahl: Sie müssen den Strom bei ihrem lokalen Netzbetreiber einkaufen. Auf diese sogenannten «gebundenen Endkunden» entfällt rund die Hälfte des Schweizer Stromverbrauchs; ihre Anzahl macht allerdings 99% aller schweizerischen Stromkunden aus. Mit der vollen Marktöffnung sollen auch diese Kunden ihren Lieferanten frei wählen können. So wird es z.B. möglich, den Strom von der Photovoltaik-Anlage auf dem Dorfschulhaus oder dem Biogas-Bauern in der Nachbarschaft zu kaufen. Solche Modelle haben sich in unseren Nachbarländern, wo der Strommarkt schon seit längerem geöffnet ist, etabliert und bewährt. Einen Zwang zum Wechseln soll es aber nicht geben – die Grundversorgung bleibt bestehen. Wer also bei seinem angestammten Netzbetreiber bleiben will, kann das tun. Und wenn er sich für kein anderes Stromprodukt entscheidet, erhält er vom lokalen Netzbetreiber automatisch Schweizer Strom mit einem vorgeschriebenen Mindestanteil an erneuerbaren Energien.
Und wie geht es weiter?
In der Vernehmlassung können sich alle Interessierten noch bis Ende Januar 2019 zur Vorlage äussern. Aufgrund der Rückmeldungen wird die Bundesverwaltung die Vorlage dann überarbeiten, so dass der Bundesrat den Gesetzesentwurf voraussichtlich im Herbst 2019 dem Parlament vorlegen kann. Danach folgt die Beratung im National- und Ständerat, was ein paar Jahre in Anspruch nehmen kann. Wird das Referendum ergriffen, hat das Volk das letzte Wort. Je nach Verlauf des politischen Entscheidungsprozesses könnten wir also in vier bis fünf Jahren unseren Stromanbieter erstmals frei wählen.
Beat Goldstein, Fachspezialist Marktregulierung, BFE
Wieso soll jemand Strom von der Photovoltaik-Anlage auf dem Dorfschulhaus (Gestehungspreis 12 Rp/kWh) oder dem Biogas-Bauern in der Nachbarschaft (Gestehungspreis 15 Rp/kWh) kaufen, wenn die Verteilnetzbetreiber immer noch Grundgebühren, Zählergebühren, Durchleitungstarife und Netzgebühren verlangen, und der Staat dem Dorfschulhaus und Biogas-Bauern auch noch Steuern auf dem verkauften Strom abverlangen? Am Schluss bezahlt diese Philanthropen 7..10 Rp/kWh mehr als heute. Sollen die netten und dummen die Energiewende bezahlen, sollen sich Zwischenhändler à la GreenStrom mit angeblichem Ökostrom bereichern während die Grosskunden billigen Kohlestrom im Ausland kaufen. Nützt dies in irgendwelcher Form dem Klima oder dem Atomausstieg? Cui Bono?
Die Gebühren für die Benutzung des Verteilnetzes haben nichts mit der Wahl des Stromlieferanten zu tun. Diese fallen an unabhängig davon, von wem ein Verbraucher den Strom aus dem Netz bezieht. Ob ein Endkunde mit der Wahl seines Stromanbieters und -produkts zu einer nachhaltigen Energieversorgung beitragen will oder nicht, ist letztlich eine persönliche Entscheidung. Diese Entscheidung kann er aber nur dann frei und konsequent ausüben, wenn der Strommarkt vollständig geöffnet ist.
Ihre Antwort bestätigt was ich schrieb.
Was haben wir davon, wenn sich die Endkunden für Kohlestrom aus Polen statt für die einheimische Wasserkraft entscheiden? Dann muss die Allgemeinheit die Wasserkraftwerke mit Marktprämien unterstützen, diese Marktprämien werden auslaufen. Dann stehen die unrentable Wasserkraftwerke zum Verkauf. Der BFE begründet die Marktöffnung mit „freier Wahl des Stromanbieters“, in Wirklichkeit geht es den Liberalen, die Elektrizitätswerke, die im Besitz der Kantonen und Gemeinden sind, unrentabel zu machen, um sie zu privatisieren. Die Bürger, die damit nicht einverstanden sind, müssen freiwillig den Wasserkraftstrom zu höheren Tarifen kaufen.
Oder, um es wir Frau BR Leuthard zu formulieren (ElCom 29. Nov.): „ich vertraue darauf, dass diejenige, die für das Energiegesetz gestimmt haben, auch bereit sind, die Energiewende zu tragen“. Und die anderen?
Ja, ich weiss, Europa. Zunächst muss aber das Rahmenabkommen stehen, es kann länger als der Brexit dauern. Voreilendes Gehörsam ist fehl am Platz.