Bundespräsidentin Leuthard besuchte in der Woche nach Ostern Argentinien und Peru mit einer umfangreichen Wirtschaftsdelegation, darunter Firmen aus dem Energiesektor. In beiden Ländern regieren ausgesprochen wirtschaftsfreundliche Präsidenten: In Argentinien Mauricio Macri seit Dezember 2015, in Peru Pedro Pablo Kuczynski seit Juli 2016. Doch die jüngste Entwicklung des Energiesektors der beiden Länder könnte nicht unterschiedlicher sein.
Die Regierung Macri erbte einen arg heruntergewirtschafteten Energiesektor. Der sogenannte Kirchnerismus hatte mit verordneten Energiepreisen, die einen Bruchteil der Gestehungskosten deckten, sowie Verstaatlichungen, Investoren verscheucht und die Staatskasse mit 85 Milliarden $ belastet. Kaum im Amt musste Macri den Energienotstand ausrufen. Oberste Priorität hat das Anziehen von Investoren für Stromkapazitäten (Gaskraftwerke, Erneuerbare, Nuklear) und Netze sowie zur Erschliessung reicher Erdöl- und (Schiefer-)Gasvorkommen. Drei Ausschreibungen für rund 5 Gigawatt an Gas-, Wind- und Solarkapazitäten verliefen erfolgreich, wenngleich viele ausländische Investoren noch vorsichtig und die Kapitalkosten aufgrund der tiefen Bonität des Landes noch hoch sind. Politisch brisant ist die Abschaffung von Subventionen für Strom und Erdgas (unter Erhalt sozialer Tarife für über 4 Millionen einkommensschwache Bürger). Nach einem technokratisch-überhasteten Anfang und gerichtlich verordneten Nachbesserungen ist die Preisreform auf gutem Wege um bis 2019/2020 kostendeckende Preise zu erreichen. Die Regierung schenkt auch der – unter Kirchner vernachlässigten – nachhaltigen Energieplanung und Energieeffizienz viel Beachtung.
Ganz anders verlief die Entwicklung des peruanischen Energiesektors seit der Jahrhundertwende. Die jährlich um rund 7 Prozent wachsende Energienachfrage konnte gedeckt werden. Prägend war die Erschliessung des riesigen Camisea-Gasfeldes im Amazonas, die die Gasifizierung des zentralen Teils des Landes und Flüssiggas-Exporte ermöglichte. Überwiegend private, teils ausländische Investitionen in Stromkapazitäten – Wasserkraft und Gaskraftwerke, seit einigen Jahren auch neue Erneuerbare – und Netze haben die Nachfrage überholt. 2016 hielt Peru vorübergehend den Weltrekord für das weltweit tiefste Solarpreisgebot bei einer Ausschreibung (US¢4.7/kWh). Die norwegische Statkraft hat massiv in Wasserkraft investiert und verfügt über mehr als 10 Prozent der Landeskapazität, was ihr hilft, die angespannte Lage in ihrem Heimatmarkt zu lindern. Heute herrscht Sorge um Überkapazitäten und tiefe Grosshandelspreise. Seit 2015 liegen die Grosshandelspreise unter den regulierten Preisen für Kleinkunden, so dass mittelgrosse Kunden auf den freien Markt hinstreben. Preise für Kleinkunden sind zwar reguliert, aber kostendeckend. Ferner werden auf Strom Abgaben erhoben, die garantierte Preise für Neukapazitäten, Strom- und Gasnetzausbau sowie die ländliche Elektrifizierung finanzieren.
Jean-Christophe Füeg, Leiter Sektion Internationales, BFE
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