,

Erdwärmespeicher für unsere Städte


Seit dreissig Jahren bieten Erdwärmesonden und Wärmepumpen eine erfolgreiche Alternative zu Erdöl, um Häuser zu beheizen. Die Schweiz ist Spitzenreiter bei der Umsetzung. Auch ich habe für mein Zuhause vor sieben Jahren eine Erdwärmesonde installieren lassen und kann nur Gutes darüber berichten. Trotz des Erfolgs stagniert die Anzahl verkaufter Erdwärmesonden seit 2015 erstmals. Grund dafür ist, dass sich Erdwärmesonden in Städten gegenseitig die Wärme entziehen. Was nun?

Zu dicht platzierte Erdwärmesonden müssen aktiv regeneriert werden

Über das Wochenende war ich in Grindelwald und habe die wärmenden Sonnenstrahlen genossen. Der Wärmefluss erreichte Werte von 250 Watt pro Quadratmeter. Im Sommer wären sogar 1350 W/m2 möglich. Vom Wärmefluss aus dem Inneren der Erde hingegen habe ich nichts gespürt. Dieser erreicht lediglich Werte von 0.09 W/m2. Die Wärmeleitung des Gesteins ist schlecht. Die Wärme fliesst nicht, sie kriecht nur.

Dank Erdwärmesonden und Wärmepumpen ist es möglich, die Wärme direkt aus dem Untergrund in die Häuser zu leiten. Nur in dicht besiedelten Gebieten funktioniert das nicht, weil sich Erdwärmesonden gegenseitig die Wärme entziehen und das Gestein langfristig abkühlen. Als Folge müssen betroffene Erdwärmesonden regeneriert werden. Im einfachen Fall kühlt man dazu im Sommer das Haus, indem die überschüssige Wärme in die Sonde hinunter geleitet wird. Das ist genial einfach, aber leider nicht sehr wirkungsvoll. Am effizientesten lässt sich die Regeneration mit Sonnenkollektoren auf dem Hausdach erreichen (mehr dazu hier). Ein Einfamilienhaus benötigt nur wenige Quadratmeter. In dicht bebauten Städten wird die notwendige Sonnenkollektorfläche aber zu gross. Daher sind bessere Lösungen zu suchen.

Es lässt sich folgendes erstes Fazit ziehen:

  • Für ein alleinstehendes Haus genügt eine einfache Erdwärmesonde.
  • In locker überbauten Einfamilienhausquartieren sollten Erdwärmesonden aktiv mit Sonnenkollektoren regeneriert werden.
  • Für dicht besiedelte Gebiete eignen sich Erdwärmesonden nicht. Falls dort aber Fluss- oder Seewasser zur Verfügung steht, lässt sich ein Tieftemperatur-Fernwärmenetz errichten. Dabei werden die Häuser mit Wasser/Wasser-Wärmepumpen beheizt.

Saisonale Erdwärmespeicher für Areale und Quartiere

Erdwärmesonden können Energie nicht nur gewinnen, sie können sie auch für die Nutzung zu einem späteren Zeitpunkt speichern. Dabei wird das Gestein erwärmt, indem über einen gewissen Zeitraum mehr Wärme in den Untergrund eingeleitet als entzogen wird. In diesem Fall gilt: Je dichter die Erdwärmesonden verlegt werden, desto effizienter wird der Erdspeicher und erreicht Wirkungsgrade bis zu 70 Prozent. In der Schweiz gibt es bereits mehrere solcher Anlagen.

Auf dem Campus Hönggerberg der ETH Zürich speichern 425 Erdwärmesonden 200 Meter tief die Abwärme von Servern und Laborgeräten (mehr dazu hier). Dieses Konzept der saisonalen Speicherung mit Erdwärmesondenfeldern eignet sich optimal zur Beheizung von neu zu überbauenden Arealen.

Die Stadt Paris lebt uns hingegen seit vielen Jahren vor, wie man bestehende Quartiere von Öl oder Gas unabhängig macht. Geothermisch warmes Wasser wird aus einer reichlich wasserführenden Schicht abgesaugt und durch einen Wärmetauscher geleitet. Damit lässt sich ein Fernwärmenetz aufheizen. Am Ende wird das abgekühlte Wasser wieder in den Untergrund zurückgepumpt, wo es sich erneut erwärmt (mehr dazu hier).

Auch oberflächennahe Schichten eignen sich als saisonale Erdwärmespeicher mit moderaten Temperaturen (maximal 50 bis 70° Celsius). Dazu müssen sie gut durchlässig und nicht zu dick sein. Zudem darf das Grundwasser nicht als Trinkwasser verwendet werden und sollte eine tiefe Fliessgeschwindigkeit aufweisen. Als Lieferant für die Wärme kommt die Abwärme von Industrie- und Kehrichtverbrennungsanlagen oder in Zukunft hoffentlich auch von petrothermalen Geothermie-Kraftwerken in Frage. In den Niederlanden sind bereits 2500 solcher Erdwärmespeicher im 20 bis 300 Meter tiefen Untergrund installiert. Für die Beheizung der Häuser werden Wärmepumpen eingesetzt.

Der Kanton Genf ist überzeugt, dass sich sein Molassebecken ebenfalls eignet, um Erdwärmespeicher zu kreieren und geothermisch warmes Wasser zu fördern. Für die Planung und Umsetzung wurde das Projekt GEothermie2020 ins Leben gerufen. Im Rahmen dessen engagiert sich das Kompetenzzentrum SCCER-SoE zusammen mit der Universität Genf bei der geologischen Analyse und Simulation, um geeignete Standorte zu identifizieren.

Damit sind wir beim zweiten Fazit angelangt:

  • In dicht bebauten Städten sollte analysiert werden, ob sich oberflächennahe, wasserführende Schichten als Erdwärmespeicher eignen.
  • Bei neu zu überbauenden Arealen sollten Erdwärmesondenfelder errichtet werden, um Energie saisonal zu speichern.

Lesen Sie den vollständigen Artikel im Blog des Swiss Competence Center for Energy Research- Supply of Electricity (SCCER-SoE).

Ueli Wieland, Programmleiter des SCCER-SoE

6 Kommentare
  1. Carnot Cournot Netzwerk
    Carnot Cournot Netzwerk sagte:

    Tönt alles wunderbar. Allerdings muss das Bild mit einer Potenzialanalyse ergänzt werden: Wie viele KKW z.B. des Typs Gösgen (Leistung c.a. 1 GW) können mit solchen Technologien ersetzt werden? Zu welchen Kosten? Markus Saurer

    Antworten
    • Ueli Wieland
      Ueli Wieland sagte:

      Bei diesem Beitrag geht es um den Ersatz von Heizöl oder Erdgas für die Beheizung unserer Häuser, mit dem Ziel dank erneuerbarer Energien nur unwesentlich klimaschädliches CO2 zu produzieren. Es geht somit nicht darum, ein Kraftwerk zu ersetzen, das Strom produziert.

      Antworten
      • Carnot Cournot Netzwerk
        Carnot Cournot Netzwerk sagte:

        Vielen Dank. Ja, meine Frage war abstrus… aber ich hatte sie exemplarisch gemeint. Ich könnte besser fragen, auf welchen ERoEI (auch EROI) kommen solche Anlagen über ihre Lebensdauer – denn immerhin muss ja einiges an Energie reingesteckt werden, bevor sie Öl oder Gas sparen. Oder ich könnte fragen: Wie teuer kommt mit diesen Anlagen die dauerhafte Reduktion einer Tonne CO2 zu stehen? Ich kann mir vorstellen, dass die Reduktionsgrenzkosten solcher Anlagen die aktuellen CO2 Preise bei weitem übersteigen, so da mit dem selben Geld anderswo weit stärkere Umweltwirkungen zu erzielen wären.
        Ein Kollege von mir (Erdwissenschafter) hat errechnet, dass in BL weitere Einsparungen an CO2 mit Wärmedämmung (Gebäudeprogramm) über 200 Fr. je Tonne kosten (oder sogar 250… so genau kann ich mich nicht erinnern). Die Tonne wird in der EU zu rund 4 oder 5 € gehandelt.

        Schweden hat vor kurzem für 400 SKr Zertifikate gekauft und stillgelegt….
        Gruss, M.S.

        Antworten
        • Ueli Wieland
          Ueli Wieland sagte:

          Ein Blog eignet sich nicht, um Berechnungen zu vergleichen, deren Annahmen entscheidend sind für das Resultat. Daher habe ich Beispiele erwähnt, welche aktuell umgesetzt werden. In Niederland zum Beispiel wurden bereits 2500 ‚untiefe‘ Wärmespeicher gebaut. Ob die Porosität der Gesteinsschicht für die Wärmespeicher in der Schweiz aucg genügend gut ist, dass sie sich rechnet, benötigt noch weitere Messungen und Auswertungen.

          Antworten
  2. Carnot Cournot Netzwerk
    Carnot Cournot Netzwerk sagte:

    Nunja. Sie vertreten eine Bundesstelle. Es geht auf eine wichtige Abstimmung zu. Und Sie schildern eine ganze Reihe von Möglichkeiten, von denen wir nicht die geringste Ahnung haben, ob sie technisch-ökonomisch valabel sind.

    Aber wir werden diese Möglichkeiten selber hinterfragen.

    Gruss, M.S.

    Antworten

Dein Kommentar

An Diskussion beteiligen?
Hinterlassen Sie uns Ihren Kommentar!

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahren Sie mehr darüber, wie Ihre Kommentardaten verarbeitet werden .