An den Iden des März waren die so genannten „Elektrischen Nachbarn“ Deutschlands nach Berlin geladen. Die von Staatssekretär Rainer Baake ins Leben gerufene regionale Initiative hat sich der Integration der europäischen Strommärkte und einem effizienten, marktbasierten Strommarktdesign verschrieben. Als Nachbar Deutschlands und als aktive Beobachterin im Pentalateralen Energieforum sitzt die Schweiz mit am Tisch.
Im Zentrum der Debatten in Berlin stand die Förderung von mehr Flexibilität im Stromsystem, um den zukünftigen Realitäten im Strommarkt besser gerecht zu werden. Entsprechende Barrieren sollen geortet und schrittweise abgebaut werden. Das Zauberwort lautet regionale Kooperation. Wie diese erfolgreich funktionieren kann, zeigt das Beispiel des Pentalateralen Energieforums, wo das Thema Flexibilität in einer Arbeitsgruppe unter dem Vorsitz der Schweiz und den Niederlanden behandelt wird. BFE-Direktor Walter Steinmann stellte den anwesenden Kolleginnen und Kollegen den Stand der Arbeiten vor. Ebenfalls angesprochen wurde in Berlin die Zusammensetzung der Preiszonen im Rahmen der europäischen Marktkopplung. Für die zukünftige Ausgestaltung des Strommarktes spielen diese Zonen eine herausragende Rolle, beeinflussen sie doch nicht nur die physikalischen Stromflüsse sondern auch die Preise. Zur Diskussion steht momentan die Schaffung einer grossen einheitlichen Preiszone in der Mitte Europas. Der Integration des europäischen Strommarktes würde dies einen kräftigen Schub verschaffen. Zu guter Letzt stellte Deutschland erste Ideen zur geplanten (teilweisen) Öffnung ihres Erneuerbaren-Fördersystems für Anlagen im Ausland vor. Im Rahmen eines Pilotprojekts sollen Ausschreibungen für Fotovoltaik-Freiflächenanlagen mit einer Leistung von insgesamt 100 MW grenzüberschreitend zugänglich gemacht werden. Falls sich das Verfahren bewährt, könnte es gemäss seinen Autoren auch in anderen Ländern zur Anwendung kommen.
Die Rolle der Schweiz in diesen Debatten ist zunehmend unklar – für uns, aber auch für unsere Nachbarn. Physikalisch eng verknüpft, spielen wir in den europäischen Plänen kaum mehr eine Rolle. Das lukrative Geschäft mit der Flexibilität droht ohne die Schweizer Pumpspeicherkraftwerke organisiert zu werden, die Marktkoppelung findet ohne uns statt und selbst von der diskutierten Öffnung der Erneuerbaren-Förderregimes dürften wir ohne die Übernahme der entsprechenden EU-Richtlinien kaum profitieren.
Beruhigende Worte für die Schweiz fand Staatssekretär Baake beim Abendessen: Mit dem anhaltenden Zubau von Sonne- und Windenergie in Deutschland brauche es spätestens ab Mitte der Zwanzigerjahre zusätzliche Speicher. Dank ihren Pumpspeicherkraftwerken befände sich die Schweiz in einer komfortablen Lage, da Deutschland nicht über genügend eigene Kapazitäten verfüge. Zusätzlich lobte Baake die Schweiz für die aktuell mit 6 Milliarden CHF ausgestatteten Fonds, welche die Stilllegung und Entsorgung der Kernkraftwerke finanzieren sollen. Hätten Deutschland und die anderen europäischen Staaten mit Kernenergie die Rückstellungen für diese Aufgaben nicht in den Konzernbilanzen, sondern in unabhängige Fonds ausgegliedert, dann könnten die zuständigen Minister ruhiger schlafen.
Dank den regionalen Initiativen wie derjenigen der „Elektrischen Nachbarn“, oder dem Pentalateralen Energieforum ist die Schweiz noch teilweise in die Diskussion über das zukünftige Strommarktdesign Europas eingebunden. Ohne Stromabkommen droht die Umsetzung aber ohne unseren Einbezug und ohne Berücksichtigung der Schweizer Interessen zu geschehen.
Stefan Dörig, Energy Counsellor, Mission of Switzerland to the European Union
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