Bereits zum sechsten Mal lud die Sabancy-Universität Istanbul Vertreter von Wirtschaft, Wissenschaft und Politik zu einer Debatte über aktuelle energiepolitische Probleme. Die Veranstaltung stand unter dem Obertitel „On the Road to Antalya G-20 Summit“ und versuchte Themen auszumachen, welche an diesem Gipfel vom kommenden November behandelt werden sollten.
In seinem einleitenden Statement hielt der künftige IEA-Generaldirektor Fatih Birol folgende Aufgaben in der internationalen Energiepolitik mit Blick auf diesen G 20-Summit für vordringlich:
Energy access for all: insbesondere in Afrika sind vermehrt erfolgversprechende Initiativen zu registrieren, wobei rund 80 Prozent der Investitionen weder von den USA noch von den Europäern sondern von China getätigt werden.
Keine Subventionierung der fossilen Energien: Viele insbesondere erdölproduzierende Staaten vergünstigen noch immer die fossilen Treib- und Brennstoffe. Neue Studien zeigen aber, dass 90 Prozent dieser Subventionen den mittleren und oberen Einkommensklassen zugutekommen, welche sich auch Marktpreise leisten könnten. Zudem werden durch diese Subventionen die Energieeffizienzpolitik wie auch die Förderung der Erneuerbaren Energien geschwächt und zusätzliche CO2-Emmissionen produziert, weil sich sparen nicht lohnt.
Signal für COP Paris: In Antalya treffen sich kurz vor der Pariser Klimakonferenz wichtige Player, welche dort erstmals die Kompromissmöglichkeit der verschiedenen Ländergruppen ausloten sollten.
Märkte richtig designen: Die Energieversorgung braucht klare markt- und wettbewerbsorientierte Spielregeln sowie potente Schiedesrichter, nur so werden die nötigen Investitionen in die Energieinfrastruktur getätigt und Engpässe wie auch Blackouts vermieden.
G20 mehr als eine Talkshow?
In den anschliessenden Panels nahmen die Vertreter diverser Länder zum Teil eher kritisch zu den Erfolgsaussichten des Antalya-G20-Gipfels Stellung. Eine Vertreterin nannte die Veranstaltung eine „Talkshow“. Ich vermerkte, dass die Zusammensetzung teils eher zufällig sei (die Schweiz ist aus kaum verständlichen Gründen nicht dabei) und hinter der „Bühne“ von G20 dann die professionellen Organisationen wie OECD sowie IEA die eigentliche Arbeit leisten müssen: Es sei ein Zusatzaufwand, diktiert von wenigen und nicht zum Nutzen aller. Schönen Deklarationen würden kaum je konkrete Taten folgen, vieles sei nicht wirklich nachhaltig, Jahr für Jahr würden vom jeweiligen Lead-Land wieder neue Themen angerissen, ohne dass eine kontinuierliche Entwicklung sichtbar sei.
Was macht einen Hub aus?
Bald kam die Diskussion auf die versorgungspolitische Rolle der Türkei zu sprechen, nachdem festgestellt worden war, dass sich in der weiteren Region rund um dieses Land rund 70 Prozent der globalen Öl- und Gasreserven befinden. Es sei deshalb nur richtig, dass die Türkei sich zu einem Energie-Hub entwickeln wolle, wurde von verschiedenen Rednern eingeworfen. In meinem Statement legte ich dar, dass sich weitere Länder wie Griechenland, Italien aber auch die Schweiz bereits als Energie-Hub bezeichnen oder dieses Ziel haben. Es sei deshalb an der Zeit, dass man an einer internationalen Veranstaltung mal intensiv diskutiere, welchen Kriterien denn ein Energie-Hub genügen müsse: Das physische Zusammentreffen einiger Pipelines oder Stromleitungen genüge alleine wohl nicht. Ich hielt fest, dass ein Hub sich nur entwickeln könne, wenn ein stringentes Marktdesign, funktionierende Börsen, gute Finanzierungsbedingungen für Investitionen und Käufe von Produkten und damit die Präsenz wichtiger Finanzinstitute vorhanden sind. Zudem seien stabile politische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen wie auch Lösungen für Speicher sowie Abfederung von Volatilität matchentscheidend.
Walter Steinmann, Direktor BFE
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