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Hartz IV für alte fossile Kraftwerke – oder ein europäischer Ansatz mit Schweizer Wasserkraft?


Staatssekretär Baake vom deutschen Bundesministerium für Wirtschaft und Energie lud vorgestern die Energieverantwortlichen der Nachbarländer zu einem Treffen nach Berlin ein. Der Chef von Tennet präsentierte eine zusammen mit den übrigen Netzbetreibern von CWE Central-Westeuropa (D, F, BE, NL, LUX, AUT, CH) erstellte Studie, welche aufzeigt, dass ein gemeinsamen Management der vorhandenen Kraftwerkskapazitäten eine deutlich höhere Versorgungssicherheit für alle Länder bringt als nationale Alleingänge.

Ich hielt in meinem Statement fest, dass politisch derzeit in der Schweiz Optionen einer Stromautarkie von den Umweltorganisationen bis hin zu nationalen Kräften zwar im Schwange sind: Ein Blick auf die Realität der Stromflüsse zeigt aber, dass wir insbesondere in kalten Wintermonaten auf Importe angewiesen sind und im Sommer meist relativ viel Strom exportieren können. Die Teilnahme der Schweiz am Markt von CWE macht deshalb mit Blick auf Versorgungssicherheit und unsere Preissituation Sinn.

Die belgische Kollegin Nancy Mahieu berichtete, dass zwei Kernkraftwerke wegen Sicherheitsmängeln diesen Winter keinen Strom produzieren werden. Es könnten sich bei einem langandauerenden kalten Winter Versorgungsengpässe in ihrem Land ergeben, das sich auf befristete Abschaltungen vorbereiten muss. Denn die grenzüberschreitenden Netze sind nicht derart gut ausgebaut, dass genügend Strom für eine Vollversorgung importiert werden könnte.

Anschliessend stellten die deutschen Vertreter das Grünbuch „Ein Strommarkt für die Energiewende“ vor. Es analysiert die aktuellen Entwicklungen auf dem europäischen sowie auf dem deutschen Markt und skizziert, wohin die Reise gehen könnte. Verschiedene deutsche Elektrizitätsunternehmen verlangen lautstark Subventionen, damit sie ihre nicht mehr rentablen alten Gas- und Kohlekraftwerke weiter bei Bedarfsspitzen betreiben können. Sigmar Gabriel hatte diese Forderung als „Hartz IV für alte Kraftwerke“ bezeichnet und von seinen Leuten alternative Modelle gefordert. Im Grünbuch wird nun aufgezeigt, dass es wirtschaftlich und ökologisch attraktiver ist, grenzüberschreitend diese Reserven zu organisieren. Die Schweiz wie auch andere Länder, z.B. Österreich, könnten mit ihrer Wasserkraft entscheidend zur Versorgungssicherheit Deutschlands beitragen: wir rechnen mit mindestens 1,5 GW, die wir Deutschland gegen gutes Geld zur Verfügung stellen könnten.

In Deutschland ist nun bis März 2015 eine breite Konsultation dieses Grünbuchs angesagt – die Nachbarländer und die EU werden an einem nächsten Treffen im Februar 2015 dazu Stellung nehmen. Wir bereiten uns mit Zahlen und guten Argumenten darauf vor.

Walter Steinmann, BFE-Direktor

P.S.: Beim Nachtessen berichtete mir meine polnische Kollegin, dass in ihrem Land beinahe ohne Subventionen ein eigentlicher Boom für erneuerbare Energien ausgebrochen ist. Weil viele Leute die Gaslieferungen aus Russland als unsicher ansehen, renovieren sie ihre Häuser und setzen stark auf Photovoltaik, Solarthermie und Wärmepumpen, Fernwärmesysteme in den Städten werden auf Holz umgestellt…

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