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Das Parlament arbeitet intensiv an einer sicheren Stromversorgung mit erneuerbaren Energien


Die zentrale Debatte zum Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien («Energie-Mantelerlass») ging in dieser Sommersession in die zweite Runde. Über zwei Tage verteilt widmete sich der Ständerat der Differenzbereinigung zum Nationalrat. Der Nationalrat setzte sich währenddessen mit der Frage auseinander, ob und wie man bestehende energierelevante Infrastruktur vor dem Verkauf ins Ausland schützen muss.

Der Energie-Mantelerlass ist essenziell für die Energieversorgungssicherheit der Schweiz und Energieminister Albert Rösti hat bereits im März davor gewarnt, die Vorlage zu überladen. Das Ziel sei eine mehrheitsfähige Vorlage, die möglichst im Herbst 2023 verabschiedet werden könne. So lehnte der Ständerat die vom Nationalrat beschlossene Solarpflicht für sämtliche Neubauten ab, ebenso wie die Einführung einer Pflicht, Fahrzeugabstellflächen einer bestimmten Grösse mit Solarelementen zu überdachen. Stattdessen beschloss die kleine Kammer, die heute bis 2025 geltende Pflicht zur Nutzung von Solarenergie auf neuen Gebäuden mit einer Fläche von mehr als 300 Quadratmetern unbefristet weiterzuführen. Es handle sich beim Beschluss des Nationalrats um einen zu starken Eingriff ins Privateigentum und die Hoheit der Kantone, so der Tenor der Mehrheit. Aus Sicht der Minderheit hingegen drohe man so auf dem halben Weg der Energiewende stehenzubleiben. Der Ständerat sprach sich auch erneut gegen eine teilweise Liberalisierung des Messwesens aus, die der Nationalrat und auch der Bundesrat befürworten. Die kleine Kammer ist der Ansicht, dass das Messwesen im Monopolbereich der Netzbetreiber verbleiben sollte. Der Grund dafür sei der enge Zusammenhang mit dem Netzbetrieb, welcher entscheidend für die Sicherheit und Stabilität des Netzes sei.

Gemäss Ständerat soll der Bundesrat die Betreiber von Wasserkraftwerken bei einer drohenden Mangellage dazu verpflichten können, ihre Stromproduktion befristet zu erhöhen. Gelten würden dann nur noch die minimalen Restwassermengen nach Gewässerschutzgesetz. In einem anderen Punkt entschied der Ständerat dagegen im Sinne des Umweltschutzes und folgte dem Entscheid des Nationalrats, dass Kraftwerke in Biotopen von nationaler Bedeutung sowie in Wasser- und Zugvogelreservaten weiterhin ausgeschlossen sein sollen. Es soll allerdings Ausnahmen geben.

Am Ende der Beratungen verbleiben immer noch zahlreiche Differenzen zwischen den Räten. Die Vorlage geht nun zurück an den Nationalrat.

Im Nationalrat ging es um den Schutz bestehender energierelevanter Infrastruktur vor dem Verkauf ins Ausland. Diese parlamentarische Initiative wurde lanciert von Nationalrätin Jacqueline Badran (SP/ZH). Eine Mehrheit des Nationalrats stimmte für eine entsprechende Änderung des Gesetzes über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland («Lex Koller»). Abgelehnt wurde im Nationalrat hingegen die Forderung von Nationalrat Erich Hess (SVP/BE), Artikel 12a des Kernenergiegesetzes zu streichen, welcher den Bau neuer Kernkraftwerke verbietet.

Gleich in beiden Räten abschliessend behandelt wurde die sogenannte Windenergieoffensive. Grundsätzlichen Widerstand gegen dieses Geschäft gab es im Parlament nur seitens der SVP-Fraktion. Sie befürchtet, dass die Bevölkerung am Ende nichts mehr zu Windprojekten zu sagen hat. Die übrigen Fraktionen sahen das anders. Sie wollen eine Beschleunigung, da die Windenergie besonders während der Wintermonate einen wichtigen Beitrag leisten könne. Der unter den Räten ausgehandelte Kompromiss will beim Bewilligungsverfahren die Kompetenzen der Standortgemeinden und -kantone beibehalten. Das beschleunigte Verfahren soll für Windenergie-Projekte im nationalen Interesse zur Anwendung kommen, bis eine zusätzliche Leistung von 600 Megawatt installiert ist. Wenn die Gemeinden den Projekten im Rahmen der Nutzungsplanung zugestimmt haben, sollen neu die Kantone für die Baubewilligungen zuständig sein. Zudem werden die Rechtsmittel gegen diesen Entscheid eingeschränkt: Er soll nur vor dem obersten kantonalen Gericht angefochten werden können. Ein Weiterzug ans Bundesgericht ist nur zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung zulässig.

Marco Wyss, Hochschulpraktikant Politik und Kommunikation, Bundesamt für Energie
Bild: Parlamentsdienste / Carmela Odoni