Separate Velospuren, eigene Velorouten, neue Veloparkplätze: Einiges wurde in den letzten Jahren zwar schon freiwillig getan, um das Velofahren attraktiv zu machen. Seit Anfang 2023 verpflichtet das neue Veloweggesetz Bund, Kantone und Gemeinden nun, für sichere und bessere Velowege zu sorgen. Hilfestellung bietet der neue Velo-Guide, der von EnergieSchweiz, dem Programm des Bundesamts für Energie für erneuerbare Energien und Energieeffizienz, unterstützt wurde. Es ist ein Handbuch mit vielen Tipps zur Förderung des Veloverkehrs.
Velofahren wird in der Schweiz immer beliebter. Das zeigt unter anderem der Boom bei den E-Bikes. Doch nach wie vor wird das Velo bei kurzen Strecken (von 3,1 bis 5 km) weniger oft benutzt als in anderen Ländern. Schweizweit wurden 2021 nur 17% dieser Kurzdistanzen mit dem Velo zurückgelegt (Vgl. Mikrozensus Mobilität und Verkehr 2021). Dabei bestehen regional grosse Unterschiede. In Bern oder Winterthur nehmen 15% das Velo für kurze Strecken, in der lateinischen Schweiz sind es nur 3%.
Mit der Aufnahme der Veloförderung in die Bundesverfassung und dem neuen Veloweggesetz ist der rechtliche Rahmen gesteckt: Der Velo-Guide zeigt nun Wege zur Umsetzung auf:
Auf gut 100 Seiten gibt es Antworten auf Fragen wie: Wie muss die Infrastruktur angepasst werden, damit Velofahren sicher und attraktiv ist? Reichen Radstreifen, braucht es Velowege oder Velobahnen? Was ist der Unterschied? Veloabstellplätze oder Velostation? Welche Lösung macht wo Sinn? Weitere Themen sind die Signalisation, der Umgang mit Baustellen, die Führung des Veloverkehrs bei Bus- und Tramhaltestellen oder die Gestaltung von Kreuzungen. Zu den jeweiligen Themen listet der Guide konkrete Anschauungsbeispiele auf.
Veloförderung hört aber nicht bei der Infrastruktur auf. Die Akteure sollen mit Hilfe des Velo-Guide auch klären können, welchen Stellenwert das Velo in der Gemeinde oder der Region hat, ob es einen Velo-Aktionsplan braucht, um dem Velofahren Schub zu verleihen. Braucht es spezielle Velofahrkurse für Schülerinnen und Schüler, ist ein Veloverleihsystem eine Option? Der Velo-Guide enthält zudem verschiedene Adressen von Organisationen, die sich der Förderung des Veloverkehrs verschrieben haben.
Raffaella Silvestri vom Bundesamt für Energie hat den Leitfaden mitkonzipiert. Sie ist Fachspezialistin für Mobilität.
Energeiaplus: Verschiedene Kantone und Gemeinden haben bereits eigene Übersichten erstellt zum Thema Velo. Das reicht von Karten zum Velowegnetz in der Gemeinde bis zu bereits ergriffenen Massnahmen. Was bietet dieser neue Velo-Guide, was nicht schon abgedeckt ist durch andere Leitfäden oder Handbücher?
Raffaella Silvestri: Es gibt durchaus schon Gemeinden oder Kantone, die solche Hilfsmittel erstellt haben. Das Besondere am Velo-Guide: Er bietet eine Gesamtsicht und deckt alle Aspekte im Zusammenhang mit dem Velo ab, Fragen zur Verbesserung der Infrastruktur, aber auch wie das Velofahren grundsätzlich gefördert werden kann.
Welche Rolle spielt die Infrastruktur bei der Veloförderung? Mehr als die Hälfte des umfangreichen Leitfadens dreht sich um Infrastruktur-Aspekte wie Radwege, Parkplätze, Über- und Unterführungen, Signalisation.
Die Infrastruktur spielt eine zentrale Rolle, ob und wie die Leute das Velo nutzen. Das neue Veloweg-Gesetz setzt hier an und verpflichtet Kantone und Gemeinden, für sichere Velowege zu sorgen. Je besser die Velo-Infrastruktur – Radstreifen, Signalisation, Abstellplätze –, desto mehr Leute setzen sich auch aufs Velo zum Beispiel zum Pendeln aber auch in der Freizeit. Aber klar, das allein genügt nicht. Es muss sich auch eine Velo-Kultur etablieren, so dass das Velo eben auch genutzt wird im Alltag. Darum konzentriert sich der Velo-Guide nicht nur auf die Infrastruktur, sondern liefert auch Ideen zur Veloförderung ganz grundsätzlich.
Ist Veloförderung vor allem eine Frage der guten Infrastruktur?
Nein, es braucht beides: Eine gute Infrastruktur und eben diese Velo-Kultur, die in der Schweiz noch besser verankert werden kann. Da gibt es noch ziemlich Luft nach oben, wie die obenerwähnten Zahlen zum Anteil Veloverkehr zeigen. Denn: Bei Fahrten von bis zu zehn Kilometern ist das Velo durchaus eine gute Alternative, das E-Bike bei Strecken bis zu 20 Kilometern. 60 Prozent der Fahrten (davon 50% mit dem Auto) sind heute noch kürzer als fünf Kilometer. Es gibt da also noch viel Arbeit.
Für wen ist der Guide gedacht?
Der Leitfaden richtet sich an Verwaltungsangestellte von Gemeinden und Kantonen, die sich punkto Langsamverkehr aufdatieren möchten, an Politikerinnen und Politiker, die für Stadtplanung und Mobilität zuständig sind, aber auch an Studentinnen und Studenten von Hochschulen, an Vereine (Anwohnerinnen und Anwohner, Bewohnerinnen und Bewohner, Mobilität), also eigentlich an alle, die sich für die Förderung des Velofahrens interessieren.
Wo sind Kantone und Gemeinden am meisten gefordert bei der Umsetzung des neuen Velogesetzes?
Nicht alle Kantone und Gemeinden verfügen über genügend und aussagekräftige Daten zur aktuellen Nutzung des Velos oder zur weiteren Entwicklung des Velowegnetzes. Es sind in erster Linie diese Kantone und Gemeinden, die mit dem neuen Gesetz gefordert sind.
Denn: Das Gesetz sieht auch konkrete Fristen vor: Bis 2027 müssen die Kantone solche Velowegnetze geplant und bis 2042 realisiert haben. Das ist ein relativ enger Zeithorizont. Der Velo-Guide kann den Verantwortlichen Hinweise und Anschauungsbeispiele liefern. Aber: Der Leitfaden ist kein Rezeptbuch. Er will Lösungen aufzeigen, um eine Gemeinde oder Region velofreundlicher zu machen. Jede Gemeinde, jeder Kanton muss die beste Lösung selber finden.
Der Guide Vélo von OUVEMA (Observatoire universitaire du vélo et des mobilités actives) wurde gemeinsam mit dem Büro für Mobilität AG erarbeitet und von EnergieSchweiz unterstützt. Eine Gruppe von Expertinnen und Experten von Gemeinden, Kanton und Bund sowie der Fachhochschule OST und Pro Velo Schweiz hat den Guide validiert.
Brigitte Mader, Kommunikation, Bundesamt für Energie
Bild: Velostreifen auf der Lorrainebrücke in Bern, Brigitte Mader, BFE
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