Solarfaltdach auf Expansionskurs
Die Solaranlage einfahren, wenn es stürmt oder schneit, und wieder ausfahren, wenn die Sonne scheint. So funktioniert das Solarfaltdach der Firma dhp technology. Über den offenen Klärbecken der ARA Chur entstand die erste Anlage. Dafür gab’s den Watt d’Or 2019. 12 Kläranlagen wurden seither so überdacht, neun weitere Projekte sind bestellt und über 30 in Planung. Und auch in Deutschland stösst das Solarfaltdach auf grosses Interesse.
Wie funktioniert das Solarfaltdach:
Auf den ersten Blick sieht das Solarfaltdach aus wie ein Schattendach. Die Panels sind an Seilen befestigt. Die Stützen für die bewegliche Konstruktion, die grosse Flächen überspannen kann, stehen weit auseinander, so dass der Raum darunter weiterhin genutzt werden kann – mit Klärbecken oder Parkplätzen.
Die Technologie der Konstruktion funktioniert wie bei Seilbahnen, ist also erprobt. Bei starkem Wind fährt das Dach wie eine Handorgel in die sogenannte «Garage» ein. Gesteuert wird das ganze automatisch mit lokalen und externen Wetterdaten. Das Bündner Start-up dhp Technology hat dafür schon verschiedene Auszeichnungen erhalten – unter anderem 2019 den Watt d’Or des Bundesamts für Energie.
Wie kommt das Solarfaltdach an?
Patrick Sonderegger ist Betriebsleiter der ARA Eich in Bassersdorf bei Zürich. Die ARA reinigt das Abwasser von knapp 22’000 Einwohnerinnen und Einwohnern. Seit Oktober 2020 deckt ein Solarfaltdach mit 1024 Panels einige Klärbecken mit einer Fläche von rund 3423m2. 2021 lieferten die Solarzellen 297’000 kWh Strom. Bei der Planung wurde mit einer Leistung von 280’000 kWh gerechnet. 1,0 Millionen Franken hat die Anlage gekostet. Im Video-Interview erklärt Patrick Sonderegger, warum man sich für diese Lösung entschieden hat.
Die Anlage in Bassersdorf musste 2021 wetterbedingt rund 250 Mal eingezogen werden. In den meisten Fällen war der Wind der Grund. Der Ein- und Ausfahr-Mechanismus habe bislang gut funktioniert, sagt Klärmeister Patrick Sonderegger. In der Nacht sind die Panels immer in der «Garage». Weil die Klärbecken bedeckt sind, bilden sich auch weniger Algen.
Auch in Dübendorf, der Nachbargemeinde von Bassersdorf, überlegt man sich, die Kläranlage mit einem Solarfaltdach zu überdachen, um eigenen Strom zu produzieren. An einer Besichtigung in Bassersdorf im Januar 2022 war Jürgen Besmer, Stadtrat von Dübendorf und Verwaltungsratspräsident der ARA Neugut dabei. Das Solarfaltdach hat ihn überzeugt.
Gian-Andri Diem ist zusammen mit seinem Partner Andreas Hügli Geschäftsführer der dhp technology, die das Solarfaltdach produziert. In den letzten drei Jahren ist das Start-up im bündnerischen Zizers zu einem kleinen Bauunternehmen gewachsen, das Entwicklung, Planung, Installation und Unterhalt der Solaranlagen übernimmt. Zwischen 2019 und 2022 hat dhp technology 11 Kläranlagen und eine Parkfläche mit einem Solarfaltdach überdacht.
Ausbaupotenzial wäre da. Allein in der Schweiz gibt es 800 Kläranlagen. Gian-Andri Diem erklärt im Video-Interview, warum der Fokus auch auf Kläranlagen in Deutschland liegt und was das mit den derzeit hohen Strompreisen zu tun hat. Und er sagt, wie der Elektroauto-Boom den Bau von Solarfaltdächern über Parkplätzen begünstigen könnte.
Das erste Solarfaltdach über einem Parkplatz hat dhp technology übrigens bei der Luftseilbahn Jakobsbad-Kronberg im Appenzell realisiert. Auf einer Fläche von rund 4’000 m2 mit 152 Parkplätzen sind 420 kWp Leistung installiert. Der Strom wird für den Betrieb der Seilbahn genutzt.
Crowd-Investing statt Bankkredit:
Neue Wege ging dhp technology auch bei der Mittelbeschaffung. Mit einer Crowd-Investing-Kampagne suchte das Unternehmen InvestorInnen, die sich finanziell bei dhp technology engagieren wollten. Gut 1,5 Millionen Franken von knapp 450 UnterstützerInnen sind zusammengekommen. Damit seien die Erwartungen klar übertroffen worden, sagt Co-Geschäftsführer Gian-Andri Diem. «Wir haben diesen Weg der Geldbeschaffung gewählt, weil wir immer wieder Anfragen von Leuten bekommen, die sich an unseren Anlagen/unserem Unternehmen beteiligen wollen.»
Brigitte Mader, Kommunikation, Bundesamt für Energie
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