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20 Jahre EnergieSchweiz – Wo und wie das BFE-Programm Impulse setzte


Mit freiwilligen Massnahmen zur Umsetzung der Schweizer Energiepolitik beitragen: Das ist die Aufgabe von EnergieSchweiz. Das Programm des Bundes trat vor 20 Jahren die Nachfolge von «Energie 2000» an. Mobility, Energieagentur der Wirtschaft (EnAW) und Minergie sind nur drei von zahlreichen Projekten, die seither unterstützt wurden. Energeiaplus blickt mit BFE-Vizedirektor und Programmleiter Daniel Büchel und Geschäftsführer Patrick Kutschera zurück auf die 20 Jahre. Und hier geht es zum Bericht, den EnergieSchweiz gemacht hat über seine Tätigkeiten.

Patrick Kutschera, Geschäftsführer von EnergieSchweiz.

Energeiaplus: Minergie ist eines der ersten Projekte, das EnergieSchweiz gefördert hat. Heute ist Minergie eine Erfolgsgeschichte.

Patrick Kutschera: Ja, Minergie ist heute Standard für energieeffizientes Bauen, den Einsatz erneuerbarer Energie, hohen Komfort und Werterhalt. Daraus hervorgegangen ist zudem eine Reihe von weiteren Labels (Minergie-P, Minergie-A). EnergieSchweiz unterstützt auch den GEAK (Gebäudeenergieausweis der Kantone). Später kam der Standard nachhaltiges Bauen Schweiz (SNBS) dazu.

Das Beispiel Minergie zeigt, wie mit der Unterstützung von EnergieSchweiz etwas entwickelt und später selbständig weitergeführt werden kann. Minergie war aber nicht nur eine wichtige Orientierungshilfe für GebäudeeigentümerInnen, sondern auch Impulsgeber für kantonale Vorschriften.

Wo hat EnergieSchweiz sonst noch grosse Impulse ausgelöst in den letzten 20 Jahren?

Daniel Büchel: Da gibt es zum Beispiel Mobility, das Car Sharing-Angebot. Energie2000 und EnergieSchweiz haben das Projekt und dessen Weiterentwicklung mit Anschub-Finanzierungen unterstützt. Heute sind die roten Mobility-Fahrzeuge ein wichtiger Pfeiler der vernetzten Mobilität und auf den Strassen nicht mehr wegzudenken, ein Selbstläufer. Und im Unterschied zu anderen Ländern, wo solche Angebote auf einzelne Städte beschränkt sind, kann man Mobility-Autos überall in der Schweiz ausleihen.

Daniel Büchel, Vizedirektor Bundesamt für Energie und Leiter des Programms EnergieSchweiz

Ein anderes Beispiel: Energiestadt ist ein Programm zur Förderung von nachhaltiger Energienutzung und Produktion in Gemeinden. Heute ist dieses Programm selbständig. EnergieSchweiz unterstützt Gemeinden und Regionen seit 2021 weiterhin über Projektförderung. Die Fördergelder gehen direkt an die Gemeinden und Regionen.

Mobility – eines der beiden Beispiele – ist auch der breiten Öffentlichkeit bekannt. Ist das ein Kriterium für das Engagement von EnergieSchweiz – öffentlichkeitswirksame Projekte?

Daniel Büchel: Information der Öffentlichkeit ist eine wichtige Aufgabe von EnergieSchweiz, welche wir zusammen mit unseren Partnern erfüllen. Und nein, EnergieSchweiz setzt sich auch für Massnahmen mit sehr engen Zielgruppen ein. Zum Beispiel für spezifische Branchen wie Gastro oder Hallenbäder. Wichtig ist dabei, dass wir nicht bestehende Massnahmen konkurrieren, sondern uns dort engagieren, wo sich sonst noch niemand hinwagt, wo die Unterstützung dem Projekt einen Schub geben und es im Markt verankern kann, so wie bei Sharing-Lösungen wie dem Mobility Carsharing, das im Übrigen längst selbsttragend ist.

Patrick Kutschera: Wir unterstützten auch Projekte, die vielleicht nicht jeder kennt. So wurden zum Beispiel die Vollzugsorganisationen act und die Energieagentur der Wirtschaft (EnAW) unterstützt. Sie fungieren als Bindeglied zwischen Unternehmen und Bund und fördern die freiwilligen Zielvereinbarungen. In einer Zielvereinbarung wird anhand einer Potenzialanalyse festgestellt, mit welchen Massnahmen ein Unternehmen wie viel CO2- und Energie eingespart werden kann. Während der Laufzeit der Zielvereinbarung wird die Umsetzung der Massnahmen im jährlichen Monitoring überwacht.

Denn Zielvereinbarungen für die Rückerstattung des Netzzuschlags oder für die Befreiung von der CO2-Abgabe haben für die Wirtschaft und für die energiepolitischen Ziele der Schweiz einen bedeutenden Stellenwert.

Daniel Büchel: Zu erwähnen ist da auch noch die Vereinbarung mit der Lichtbranche. Sie will den Energieverbrauch per 2025 um die Hälfte senken. Das entspricht etwa 3,5 TWh/Jahr oder der Jahres-Produktion des Kernkraftwerks Mühleberg.

Zudem unterstützen wir die Aus- und Weiterbildungsangebote der Bildungsorganisationen und der Branchenverbände, denn für die Umsetzung der Energie- und Klimastrategie braucht es auch genügend gut qualifizierte Fachkräfte. Ohne diese können die Ziele der Energiepolitik trotz finanziellen Unterstützungen und Vorschriften nicht erreicht werden.

EnergieSchweiz informiert, wie man Energie sparen kann, zeigt auf, wie man selber Strom produzieren oder sein Haus CO2-neutral heizen kann. Kommen diese Informationen bei der Bevölkerung an, erreichen sie das Zielpublikum?

Daniel Büchel: Natürlich interessiert es uns, wie viele Leute beispielsweise unsere Web-Seite anklicken. Aber viel wichtiger ist uns, dass die Informationen auch etwas auslösen, dass die Leute den Nutzen der Optionen erkennen und entsprechend ihr Verhalten ändern. Die Nachfrage und Nutzung unserer Informationen wird laufend gemessen und das Angebot entsprechend angepasst.

Patrick Kutschera: Wir sind uns auch bewusst: Informationen im Energiebereich haben eine kurze Halbwertszeit. Technologien, Politik und Gesellschaft entwickeln sich sehr rasch. Informieren ist eine Daueraufgabe.

Aus Energie 2000 wird EnergieSchweiz

1991, nach Annahme des Energieartikels und des Energienutzungsbeschlusses startet der Bundesrat das Aktionsprogramm Energie 2000, das der Bevölkerung Ratschläge zum Energiesparen und zu erneuerbaren Energien vermittelte.

EnergieSchweiz löste Energie2000 im Jahr 2001 ab. EnergieSchweiz hatte zu seinem Start das gleiche Budget zur Verfügung wie zuvor Energie 2000, trotz neuer Aufgaben im Energiegesetz, das am 1.1.1999 in Kraft trat.

EnergieSchweiz hat einen eigenen Internet-Auftritt. 1,3 Millionen Hauseigentümer erhalten zudem regelmässig das Magazin «Energiejournal». Die Informationen dort unterscheiden sich stark vom Auftritt von EnergieSchweiz in den sozialen Medien, zum Beispiel auf Twitter oder Instagram. Auf Instagram gibt es Quiz, Wettbewerbe. Was bringt das?

Patrick Kutschera: Die junge Bevölkerung ist auf diesen Kanälen unterwegs, und diese Gruppe möchten wir auch in ihrer Sprache ansprechen und auf ihre Bedürfnisse eingehen. Die Information bleibt die gleiche, aber wir verpacken sie anders. Auch mit Infotainment können wir unsere Anliegen transportieren. Wichtig ist uns, die ganze Schweiz mit auf den Weg zu Netto Null zu nehmen und keine «Energieverlierer» zu kreieren.

43,4 Millionen Franken pro Jahr fliessen in Projekte (rund 800 Projekte sind es derzeit), die EnergieSchweiz mit seinen Partnern umsetzt. Das ist viel Geld. Lässt sich der Erfolg dieses finanziellen Engagements quantifizieren?

Patrick Kutschera: Wirkungsmessung ist uns sehr wichtig. Wir können leider nicht immer direkt sagen wie viele kWh wir reduziert haben, weil dies von vielen Parametern abhängt. Wir können aber beispielsweise sagen, wie viele Beratungen zum Heizungsersatz wir durchgeführt haben oder wie viele Fachkräfte ausgebildet wurden. Wir lassen uns auch regelmässig von unabhängigen Organisationen evaluieren. Sehr oft entfalten Programme zudem einen relevanten Teil ihrer Wirkung erst, wenn EnergieSchweiz schon nicht mehr fördert (z.B. Mobility, Minergie,).

Kritiker bezeichneten EnergieSchweiz auch schon als «Propagandaprogramm», mit dem der Bund die öffentliche Meinung beeinflussen wolle. Es gab vor einigen Jahren auch Vorstösse im Parlament, dem Programm den Geldhahn zuzudrehen. Gibt es solche Kritik heute immer noch?

Daniel Büchel: Es ist unser gesetzlicher Auftrag über erneuerbare Energien und das Energiesparen zu informieren. Aber klar: Wer grundsätzlich gegen Windenergie eingestellt ist, kann es als Beeinflussung auffassen, wenn wir uns für Windkraft stark machen. Wichtig ist auch, dass unsere Zusammenarbeit nicht von der politischen Gesinnung der Partner, sondern von den Inhalten geprägt ist.

Was meinen Sie damit?

Daniel Büchel: Wir unterstützen auch Projekte von Akteuren, welche die aktuelle Politik nicht gut finden. Oder anders gesagt. Wir belohnen oder bestrafen die politische Ansicht eines Gesuchstellers nicht. So haben wir zum Beispiel mit dem HEV eine sehr einvernehmliche Zusammenarbeit, was die Bedürfnisse der HauseigentümerInnen betrifft.

Wer kann Unterstützung von EnergieSchweiz beantragen?

Daniel Büchel: Alle. Bedingung ist: Die Erkenntnisse müssen für alle offen und für eine relativ grosse Gruppe relevant und wirksam sein. Unter Umständen können das auch kommerzielle Ideen sein, welche ohne unsere Unterstützung die Verankerung im Markt nicht schaffen.

Wir unterstützen aber keine Forschung. Dafür gibt es andere Förderprogramme, mit denen wir uns regelmässig abstimmen. Und: Die Gesuche müssen die beschaffungsrechtlichen Vorgaben erfüllen.

Wo hätte sich EnergieSchweiz aus heutiger Sicht allenfalls in den letzten Jahren noch mehr engagieren können/müssen?

Daniel Büchel: Die Energieeffizienz im Bereich Mobilität hat sich in der Schweiz ungenügend entwickelt, sie muss effizienter und nachhaltiger werden. Da hätten wir vielleicht früher schon mehr machen können – auch vor dem Hintergrund, dass der CO2-Ausstoss und auch der Energieverbrauch des Verkehrs noch gestiegen sind. Hier entwickeln wir für die neue Dekade eine Reihe von neuen Programmen wie zum Beispiel die Roadmap Elektromobilität oder das Programm Ladeinfrastruktur.

Heute setzt auch die Autobranche auf fossilfreie Fahrzeuge. Das ist sicher eine gute Entwicklung. Wir brauchen aber auch Lösungen, die ein nachhaltigeres Mobilitätsverhalten fördern und die gleiche Mobilität mit weniger Verkehr oder energieeffizienten Transportmitteln bewältigen, beispielsweise mit Velo und ÖV, mit Homeoffice, mit Carsharing oder Carpooling. Zwei Personen pro Auto bedeutet gleiche Mobilität bei halb so viel Verkehr.

Warum braucht es EnergieSchweiz auch nach 20 Jahren noch?

Patrick Kutschera: Das Programm EnergieSchweiz ist vielleicht sogar noch wichtiger als vor 20 Jahren. Bis 2050, das Jahr, in dem die Schweiz klimaneutral sein soll, liegen viele Anstrengungen vor uns, grössere als jene, die wir vor 20 Jahren gesehen haben.

Daniel Büchel: Der Energiesektor wandelt sich stark. Neue Innovationen kommen auf den Markt. EnergieSchweiz kann mit seinen freiwilligen Massnahmen auch Regulierung verhindern. Das ist im Sinn von vielen gerade in der Politik.

Interview: Brigitte Mader, Kommunikation, Bundesamt für Energie

 

 

 

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