Ein fast fossilfreier Gebäudepark
Als grösstes Logistikunternehmen der Schweiz will die Post bei der Nachhaltigkeit vorangehen und hat sich deshalb ambitionierte Klimaziele gesetzt: klimaneutrale Zustellung bis 2030 und Klimaneutralität auf Konzernebene bis 2040. Was bedeutet das für den Gebäudepark der Post?
Susanne Pidoux ist Co-Leiterin des Competence Center Nachhaltigkeit bei Post Immobilien. Als Mitglied der Initiative Vorbild Energie und Klima des Bundes hat sich das grösste Logistikunternehmen der Schweiz verpflichtet, im Bereich Energie innovativ und vorbildlich zu handeln. Pidoux verantwortet die Umsetzung der Massnahmen der Initiative im Gebäudebereich. Wir haben sie gefragt, wie sie strategisch an diese Aufgabe herangeht.
Energeiaplus: Frau Pidoux, welche Rolle spielt der Bereich Immobilien in der CO2-Bilanz der Post?
Susanne Pidoux: Auch wenn bei der Post der Logistikbereich naturgemäss den grössten Anteil am CO2-Ausstoss ausmacht, nämlich drei Viertel, wollen wir auch bei den Gebäuden unseren Beitrag zur Klimaneutralität leisten. Der Gebäudepark ist für 22 Prozent des Gesamtenergieverbrauchs und 16 Prozent des gesamten CO2-Austosses der Post verantwortlich. Wir haben folglich noch einen Weg vor uns bis zur Klimaneutralität, sind aber auf Kurs.
Wohin führt dieser Kurs den Bereich Immobilien?
Unser erstes Klimaziel ist, bis 2030 rund 90 Prozent unserer fossil betriebenen Heizungen zu ersetzen und den Energiebedarf unserer Gebäude grundsätzlich zu reduzieren.
Da bleiben Ihnen gerade neun Jahre. Wie gehen Sie diesen sportlichen Plan an?
Als Erstes haben wir eine umfassende Analyse des gesamten Gebäudeportfolios vorgenommen. Ein guter Plan ist entscheidend für den Erfolg des Projekts. Die Umsetzung erfolgt dann schrittweise: Wir schnüren jährlich neue Gebäudepakete, für die wir zuerst fundierte Analysen erarbeiten und sie dann integral umsetzen.
Weshalb planen Sie nicht gleich alles bis 2030?
Unser Gebäudepark ist mit rund 400 Gebäuden in unserem alleinigen Eigentum sehr gross. Zudem ist der Immobilienmarkt volatil: In zehn Jahren wandelt er sich, und auch externe Faktoren können sich verändern. Mit dieser rollierenden Planung bleiben wir flexibel.
Könnten Sie uns den Gebäudepark der Post kurz beschreiben?
Unser Portfolio ist ausgesprochen heterogen. Es umfasst einerseits die Brief- und Paketzentren, Postautogaragen, aber auch die klassischen Bürogebäude und Gebäude mit Mischnutzungen. Andererseits gehört das Filialnetz dazu. Da haben wir die grossen städtischen Hauptfilialen, kleine Filialen auf dem Dorf, die Teil eines Einfamilienhauses sein können, aber auch denkmalgeschützte Bauten.
Welche Herausforderungen entstehen mit dieser Diversität?
Die Analyse ist komplex, wir können nicht alle Gebäude über einen Kamm scheren. Wir nehmen bei jeder Immobilie eine ganzheitliche Sanierungsanalyse des Gesamtsystems unter Berücksichtigung des Lebenszyklus vor. So reicht es bei einem Gebäude, die Ölheizung durch eine Wärmepumpe oder eine Pelletheizung zu ersetzen oder den Anschluss an ein bestehendes Fernwärmenetz zu gewährleisten. Bei einem anderen Gebäude können wir vielleicht eine energetische Verbesserung erzielen, indem wir die Hülle dämmen oder die zu gross dimensionierte Lüftung überdenken. Und in einem dritten Fall kann eine Gesamtsanierung sinnvoll sein. Je nach Ausgangslage schnüren wir ein spezifisch auf das Gebäude abgestimmtes Massnahmenpaket.
Das klingt nach einer Mammutaufgabe. Wie gehen Sie an diese heran?
Der erste Schritt ist entscheidend: Wo setzen wir bei diesem besonderen und grossen Portfolio an und mit welchen Massnahmen? Es galt einen Einstieg und Ausgangspunkt zu finden. Dieser Einstieg sind für uns die fossilen Heizungen. Die Heizungen allein machen mit einem Energiebedarf von 92 Gigawattstunden pro Jahr 7 Prozent des Gesamtenergieverbrauchs der Post aus. Sie sind zwar nur ein Faktor des Energiehaushalts eines Gebäudes, aber wenn wir nach der Heizung fragen, kommen alle anderen wichtigen Aspekte ebenfalls aufs Tapet. Anschliessend galt es nach dem Alter der Heizungen zu priorisieren. Grosse Gebäude mit alten Heizungen verschleudern am meisten Energie. Deshalb wollen wir dort als Erstes ansetzen.
«Der Einstieg sind für uns die Heizungen. Sie sind zwar nur ein Faktor des Energiehaushalts, aber wenn wir nach der Heizung fragen, kommen alle anderen wichtigen Aspekte ebenfalls aufs Tapet.»
Bei rund 400 Gebäuden braucht das einen langen Atem.
Für die optimale Lösung müssen wir vor allem manchmal um die Ecke denken. Das braucht Kreativität und Biss. Wir setzen um, was ökologisch sinnvoll und wirtschaftlich tragbar ist. Auf gewisse äussere Faktoren haben wir allerdings keinen Einfluss. Steht ein Gebäude unter Denkmalschutz, sind unsere Möglichkeiten limitiert. Gleichzeitig brauchen wir eine gesunde Portion Pragmatismus. Deshalb steuern wir bei der Reduktion von fossilen Energien auch 90 und nicht 100 Prozent an.
Was braucht es noch?
Das richtige Know-how zur richtigen Zeit. Deshalb werden wir schon ganz zu Beginn der spezifischen Analysen auf Gebäudeebene diverse Expertinnen und Experten aus Nachhaltigkeit, Portfolio- und Facility Management, sowie auch Bau- und Haustechnik an Bord holen, damit alle Kompetenzen schon zu Beginn eingebracht werden. Das ist wichtig, um dem Gebäudegesamtsystem integral gerecht zu werden.
Zum Schluss: Was geben Sie anderen Gebäude-Portfolio-Managern mit auf den Weg?
Wenn man das Gebäude als Gesamtsystem betrachtet und langfristig denkt, investiert man in dessen zukünftigen Marktwert. Sich auf Einzelmassnahmen zu beschränken, ist zu einfach, und oft folgen dann unerwartete Überraschungen. Wir versuchen, alle Massnahmen integral zu planen und so viele Synergien wie möglich zu nutzen. Sprich, wir fangen zwar bei der Heizung an, berücksichtigen aber auch alle anderen energierelevanten Faktoren.
Das Interview führte: Laura Scheiderer Kommunikation Vorbild Energie und Klima, Polarstern
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