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Liebes BFE: Welche Kantone haben eigentlich eine Energiestrategie?

Kantonswappen Bundeshaus

Das Bundesamt für Energie beantwortet jedes Jahr hunderte von Anfragen von Bürgerinnen und Bürgern. Auf energeiaplus.com stellen wir unter dem Stichwort «Liebes BFE…» einige davon vor.

Frau U., Kauffrau in Ausbildung, möchte wissen, welche Kantone über eine Energiestrategie verfügen und wo man die kantonalen Energiegesetze findet.

Die Schweizer Energiepolitik ist auf den Bund, die Kantone und die Gemeinden verteilt. Die Kompetenzen der drei Ebenen sind gesetzlich geregelt. Die Kompetenzen der Kantone im Energiebereich sind in der Bundesverfassung (BV) und im Energiegesetz (EnG) verankert. So sind laut BV Art. 89 Abs. 4 primär die Kantone für die Energiepolitik im Gebäudebereich zuständig. Artikel 47 des EnG besagt zudem, dass Bund und Kantone die Öffentlichkeit in Energiefragen beraten und informieren müssen. Die Kantone erbringen diese Informations- und Beratungsleistungen unter anderem durch Infoanlässe, Sensibilisierungskampagnen oder die Energieberatung mit ausgebildeten Beratern, während der Bund dies primär über das Programm EnergieSchweiz tut. Darüber hinaus sind die Kantone auch für andere energiepolitische Aufgaben verantwortlich, beispielsweise für den Erlass und die Durchsetzung von Vorschriften über die Energieeffizienz in Unternehmen, die Richtplanung oder die Energieversorgung. Ferner nehmen die Kantone gemeinsam mit Bund und Gemeinden eine Vorbildfunktion im Energiebereich wahr.

Die für Energie zuständigen kantonalen Regierungsräte erarbeiten und koordinieren im Rahmen der Energiedirektorenkonferenz (EnDK) ihre gemeinsamen energiepolitischen Aktivitäten. 2015 verabschiedete die EnDK die «Mustervorschriften der Kantone im Energiebereich» (MuKEn 2014), ein von den Kantonen erarbeitetes Gesamtpaket energierechtlicher Mustervorschriften für Gebäude. Damit sollen die Gesetzgebungen der 26 Kantone harmonisiert werden. Das Ziel ist einerseits den Energieverbrauch pro Kopf und den Ausstoss von Treibhausgasen in den Gebäuden zu reduzieren und anderseits die Bauplanung und das Bewilligungsverfahren für Unternehmen und Fachleute, die in mehreren Kantonen tätig sind, zu vereinfachen.

Über die Umsetzung der Mustervorschriften entscheiden die Kantone autonom. Der aktuelle Stand der Umsetzung der MuKEn 2014 in den kantonalen Energiegesetzen sieht wie folgt aus:

  • Die Kantone Appenzell-Innerrhoden, Basel-Land, Basel-Stadt, Freiburg, Jura, Luzern, Obwalden und Waadt wenden die MuKEn 2014 an oder haben die Inkraftsetzung beschlossen
  • In Aargau, Graubünden, Thurgau und Glarus haben die Kantonsparlamente die Gesetze angenommen, wobei in Glarus noch die Landsgemeinde entscheiden muss. Darüber hinaus wird im Kanton Aargau ein obligatorisches Referendum folgen, und im Falle Graubündens könnte es ebenfalls zu einem kommen
  • Neuenburg, Sankt Gallen und Schaffhausen befinden sich in der parlamentarischen Phase
  • In Appenzell-Ausserrhoden, Nidwalden, Zürich und im Tessin sind die Vernehmlassungen beendet
  • Genf, Wallis, Uri, Schwyz und Zug sind in der vorparlamentarischen Phase
  • In Bern und Solothurn wurden die Energiegesetze vom Stimmvolk abgelehnt

Wichtig ist die Unterscheidung zwischen Gesetzen und Strategien. Zwar verfügen fast alle Kantone über eine Energiestrategie – allerdings besteht dazu keine Verpflichtung. Eine Strategie ist also keine Voraussetzung, um ein Energiegesetz zu erarbeiten. Und genauso wenig setzt eine Strategie ein Gesetz voraus. Dasselbe gilt für MuKEn und Energiestrategien.

Weitere Informationen rund um die Energiegesetzgebung in den Kantonen finden Sie in unserer Broschüre «Stand der Energie- und Klimapolitik in den Kantonen 2019». Ab Seite 42 findet man die Rechtsgrundlagen der kantonalen Energiegesetze und ab Seite 45 Informationen zu allfälligen Energiestrategien.

Alicia Salas, Hochschulpraktikantin Medien und Politik, BFE

1 Antwort
  1. Werner Zumbrunn
    Werner Zumbrunn sagte:

    Es ist einfach hanebüchen, dass in gewissen Kantonen die MuKEn2014 in die Energiegesetze übernommen werden, hingegen in einigen Kantonen die Stimmbürger/-innen dies ablehnen konnten. In der Bundesverfassung steht in Art. 8 Abs. 2, dass „alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind.“ Nun aber werden wir einen ungerechten Flickenteppich haben: Im einen Kanton (zum Beispiel Kanton Basel-Landschaft oder Basel-Stadt) werden die (ziemlich strengen) MuKEn2014 gelten, aber vielleicht nicht im ein paar Kilometer entfernten Nachbarkanton (zum Beispiel Kanton Solothurn oder Bern).
    Laut Art. 89 Abs. 4 BV sind die Kantone für den „Verbrauch von Energie in Gebäuden“ nicht ausschliesslich zuständig, sondern nur „vor allem.“ Der eidg. Gesetzgeber hätte dafür sorgen können und müssen, dass dieser energiepolitisch unsinnige und eigentlich bundesverfassungswidrige Flickenteppich nicht entsteht. Aufgrund solcher Schlendriane werden wir die Ziele der Energiestrategie 2050 nur schwerlich erreichen, denn wegen des Schaffens und Duldens solcher Ungerechtigkeiten werden viele Stimmbürger/-innen in Zukunft strengere Massnahmen im Energiebereich (z. B. höhere CO2-Abgaben bis 210 Fr./Tonne) ablehnen, vor allem weil auch dort vom eidg. Gesetzgeber wieder ein Flickenteppich geplant ist, indem z. B. die Treibstoffe und die Industrie von der Abgabe weitgehend ausgenommen sind.

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