Welche Rolle soll die Wasserkraft im Kanton Bern in Zukunft spielen? Diese Fragestellung wurde am 8. Berner Wassertag, der am 20. Juni 2017 im Stade de Suisse mit rund 300 Interessierten stattfand, von verschiedenen Referenten aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet.
Der Kanton Bern plant, die wegfallende Energiemenge des AKW Mühleberg teilweise durch den Zubau von Wasserkraft im Umfang von 300 GWh pro Jahr auszugleichen. Dies führte Regierungsrätin Barbara Egger-Jenzer in ihrem Inputreferat aus. Der Wasserkraftzubau ist Teil der Wassernutzungsstrategie des Kantons Bern. Mittels der Reduktion des Wasserzinses um 10 Prozent für grosse Anlagen, subsidiär zu aus Bundesmitteln möglichen Investitionsbeiträgen sowie Amortisationsvereinbarungen sollen die Betreiber motiviert werden, neue Anlagen zu erstellen oder Ausbauten zu realisieren. Insgesamt zeigte sich Regierungsrätin Egger-Jenzer überzeugt, dass der Zubau erreicht werden kann und präsentierte als gutes Beispiel für einen umweltschonenden Zubau das neue Kraftwerk Hagneck.
Diesen Faden nahm Suzanne Thoma, CEO der BKW Gruppe auf, da die BKW gegründet wurde für die Erstellung des ersten Kraftwerks Hagneck. Hinderlich für neue Projekte ist heute insbesondere das schlechte Risiko-Rendite-Verhältnis. Für die Zukunft sieht Suzanne Thoma primär einen Bedarf an leistungsfähigen Speichern, wobei die Wasserkraft hier in Konkurrenz mit Gaskraftwerken und Batterielösungen stehe. Damit Investitionsentscheide ausgelöst werden, brauche es aus Sicht der Investoren ein zukunftsfähiges Marktmodell, Rechtssicherheit und stringente Gesetze sowie Investitionsanreize für zukunftsweisende Projekte. Suzanne Thoma zeigte sich vorsichtig optimistisch, dass insbesondere das Kraftwerk Trift erstellt werden könnte, wenn sich einerseits die Marktpreise zumindest leicht erholen würden und der Bund die maximalen Investitionsbeiträge spreche.
Daniel Fischlin, CEO der KWO ging in seinem Referat näher auf das Projekt Trift ein. Durch den Rückzug des Triftgletschers entsteht eine ideale Geländekammer, die die Erstellung eines Speichersees mit 85 Mio. Kubikmeter Inhalt erlaubt. Die 146 GWh aus zusätzlicher Produktion können primär im Winter realisiert werden, sodass das Projekt dem zukünftigen Bedarf an Winterproduktion dient.
Christian Dupraz, Leiter Wasserkraft beim BFE erläuterte die Rolle der Wasserkraft in der Energiestrategie 2050 und stellte die Instrumente vor, die für die Wasserkraft vorgesehen sind. Mit Investitionsbeiträgen werden Neuanlagen, Erweiterungen und Erneuerungen gefördert, und mit der Marktprämie soll die bestehende Wasserkraft unterstützt werden. Christian Dupraz gab zudem einen Ausblick auf kommende Geschäfte, die die Rahmenbedingungen der Wasserkraft verbessern sollen. Zu nennen sind hier insbesondere die Neuregelung der Wasserzinsen (siehe Medienmitteilung) sowie das geplante neue Marktdesign nach 2020.
Die aus Solar- und Windkraftwerken der Nachbarländer gewonnene erneuerbare Energie hat Auswirkungen auf den Strommarkt und speziell auf die Wasserkraft. HSG-Professor Rolf Wüstenhagen zeigte die Rolle der Wasserkraft in einem zukünftigen Energiesystem auf. Aus den Veränderungen bieten sich Chancen für die Wasserkraft durch den zusätzlichen Speicherbedarf. Rolf Wüstenhagen wies darauf hin, dass Speicherkapazitäten nicht nur durch Wasserkraftwerke erbracht werden können und die Konkurrenz nicht schläft.
Im abschliessenden Referat zeigte Dr. Ion Karagounis vom WWF die ökologischen Auswirkungen der Wasserkraftnutzung auf und plädierte für eine ökologischere Nutzung der Gewässer. Dafür sollen die Nutzungen auf bereits belastete Gebiete konzentriert werden, damit die noch ungenutzten Gebiete geschützt werden können. Der Schutz von Perlen und ganzer Einzugsgebiete identifizierte Ion Kargounis auch als Manko in der Berner Wasserstrategie. Zudem sollen die bestehenden Wasserkraftwerke schnell „ökologisiert“ werden, sprich die geplanten Sanierungen sollen rasch umgesetzt werden.
Die Präsentationen zu den Referaten sind unter dem Link http://www.bve.be.ch/bve/de/index/wasser/wasser/Wassertag/praesentationen.html
abrufbar.
Guido Federer, stellvertretender Leiter Sektion Wasserkraft, BFE
„HSG-Professor Rolf Wüstenhagen … wies darauf hin, dass … die Konkurrenz nicht schläft.“
Ein wirklich wichtiger Hinweis aus sehr berufener Quelle.