Spricht man über Windenergie in der Schweiz, gehen die Emotionen hoch, und die Fakten bleiben manchmal auf der Strecke. An der Schweizer Windenergie-Tagung 2017 wurden die neuesten Fakten zum Thema präsentiert und von den über 160 Teilnehmern teilweise emotional diskutiert.
BFE-Direktor Benoît Revaz eröffnete mit seinem Grusswort die Vortragsreihe und informierte über die relevanten Neuerungen des ersten Massnahmenpakets zur Energiestrategie 2050. Im Anschluss dazu erläuterten Markus Geissmann und Laura Antonini, Fachspezialisten Erneuerbare Energien beim BFE, die für die Windenergiebranche wichtigsten Aspekte der neuen Energieverordnung. Auf grosses Interesse stiessen der Schwellenwert für das „nationale Interesse“ und die Neuerungen bei der kostendeckenden Einspeisevergütung (KEV). Skyguide stellte das eigene Kompetenzzentrum Windenergie vor und erklärte, wie sie bei der Prüfung der Verträglichkeit von Windenergieprojekten mit der Luftfahrtsicherheit vorgehen. Aus dem Publikum wurde Lob geäussert für das kompetente und pragmatische Vorgehen von Skyguide.
Alternative Fakten auch in der Schweiz
Der Leiter der Energiefachstelle Thurgau und Schaffhausen, Herr Andrea Paoli, zeigte auf, dass nicht erst seit Donald Trump mit „alternativen Fakten“ gearbeitet werde, sondern dass diese oft auch im Zusammenhang mit Windenergieprojekten geäussert würden. Wie geht man am besten damit um? Laut Andrea Paoli mit plakativ dargestellten und wissenschaftlich begründeten Tatsachen, z.B. zu Windenergie als „Flatterstrom“. Alle würden „Flatterkonsum“ erzeugen und Energiespeicher könnten eine Lösung dafür bieten.
Zwei Projekte – zwei Volksentscheide
Über Windenergieprojekte wird in der Schweiz an der Urne entschieden beim Beschluss über einen Zonenplan oder eine Baubewilligung. Vor wenigen Monaten konnten sich die Stimmbürger im liechtensteinischen Balzers und in der waadtländischen Gemeinde Le Chenit zudem anlässlich einer konsultativen Abstimmung zum in der Region geplanten Windpark äussern.
Auf dem Andkopf im Bündner Rheintal, direkt an der Grenze zu Liechtenstein herrschen sehr gute Windverhältnisse. Bruno Dürr zeigte auf, wie die Solargenossenschaft Liechtenstein zusammen mit der Bürgergenossenschaft Balzers und den Liechtensteinischen Kraftwerken dort ein Projekt mit zwei grossen Windenergieanlagen entwickelt hatte. Im Februar 2017 haben sich jedoch zwei Drittel der Stimmenden in Balzers gegen das Projekt ausgesprochen. Die Initianten sehen die Gründe dafür in erster Linie in der zu späten Kommunikationsarbeit.
Im Waadtländer Vallée de Joux plant der regionale Energieversorger SEVJ einen Windpark mit sieben Turbinen, die das gesamte Tal inklusive der dort ansässigen Uhrenindustrie mit Strom versorgen könnte. Laurent Reymondin, Gemeinderat von Le Chenit, berichtete, dass die Exekutive der Gemeinde das Windenergieprojekt bewusst dem Referendum unterstellt habe, weil sie das Projekt nur mit Unterstützung der Bevölkerung weiterführen wollte. Die Abstimmung vom September 2016 ergab eine klare Mehrheit von 62 Prozent für den zukünftigen Windpark EolJoux.
Alle Referate der Tagung finden sich hier.
Katharina Meyer und Markus Geissmann, Fachspezialisten Erneuerbare Energien, BFE
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