Als die Nagra 2008 die möglichen Standortgebiete für geologische Tiefenlager vorstellte, wunderten sich wohl viele Schweizerinnen und Schweizer sowie Deutsche auf beiden Seiten des Rheins, wieso vier dieser Gebiete nahe der deutschen Grenze liegen. Mittlerweile ist die anfängliche Verwunderung der Feststellung gewichen, dass diese Standortauswahl aus rein geologischen Gründen zustande gekommen ist. Die Grenznähe erfordert den Einbezug unserer deutschen Nachbarn ins Standortsuchverfahren. Wie geschieht das?
Seit Beginn der Standortsuche nehmen deutsche Vertretungen in den meisten Gremien des Sachplanverfahrens geologische Tiefenlager teil. Sie können in den Regionalkonferenzen Jura Ost, Nördlich Lägern, Südranden und Zürich Nordost teilnehmen. Aber auch in Arbeitsgruppen oder im verfahrensberatenden, wichtigen «Ausschuss der Kantone» können Vertretungen aller deutschen Staatsebenen ihre Interessen einbringen.
Für die fachliche Beratung hat das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) die Expertengruppe Schweizer Tiefenlager (ESchT) eingesetzt. Die neun Mitglieder decken ein breites fachliches Spektrum ab. Neben der Beratung koordiniert die ESchT die Tätigkeiten und verfasst Stellungnahmen. Regelmässig finden auch Gespräche mit dem BFE statt. Der Dienst Regionale Partizipation des BFE hat sich bisher zehn Mal mit den Expertinnen und Experten aus den Bereichen Raumplanung, Beteiligungsverfahren und Recht getroffen. Bei diesem Austausch werden aktuelle Themen, zu klärende Fragen oder gemachte Erfahrungen diskutiert. Selbstverständlich werden auch umstrittene Punkte besprochen, so etwa die Frage nach der Grösse einer Standortregion. Mehrere Regeln und Rahmenbedingungen des Schweizer Verfahrens finden aber auch Anerkennung auf deutscher Seite, wie z. B. der breite Einbezug von Stakeholdern, das schrittweise Verfahren sowie die klar definierten Rollen der Akteurinnen und Akteure.
Das anspruchsvolle Zusammenwirken über die Staatsgrenzen hinweg hat sich in diesem Dossier über die Jahre eingespielt, unter Einbezug von Aspekten wie dem unterschiedlichen politischen System und der unterschiedlichen Diskussionskultur. Der Einbezug Deutscher Vertreter in ein Schweizer Verfahren ist ein gutes Beispiel dafür, wie dank eines ständigen Dialogs Differenzen gemeinsam bereinigt werden können und die Akzeptanz auf beiden Seiten des Rheins gefördert werden kann.
Stefan Jordi, Leiter Dienst Regionale Partizipation, BFE
Bildlegende: Die Gemeinden Laufenburg (Baden) in Deutschland und Laufenburg im Aargau sind durch eine Brücke verbunden und Teil der möglichen Standortregion Jura Ost (Quelle: Geschäftsstelle Jura Ost, Gerry Thönen).
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