Viel und heftig wird derzeit über die wirtschaftliche Situation der schweizerischen Elektrizitätsunternehmen und vor allem über die Wasserkraft diskutiert. Ein Diskurs, der in seiner Ausprägung und Emotionalität allerdings nicht neu ist, wie diese kleine, unvollständige Zusammenstellung von Quellen zeigen soll:
„Jeweils in politischen Krisenzeiten wurde die Elektrizitätsproduktion zu einem integralen Teil der Eidgenossenschaft erkoren. … In der Schweiz, die über keine eigenen Kohlevorräte verfügte, bedeutete die Produktion von Elektrizität aus heimischer Wasserkraft eine patriotische Herausforderung sondergleichen. Die schweizerische «weisse Kohle» wurde der ausländischen «schwarzen Kohle» gegenübergestellt, wobei die Farbenbezeichnungen nicht nur deskriptiver sondern auch symbolischer Natur waren.“, schreibt David Tréfás in seinem Artikel über die Elektrizitätsausstellung für Gewerbe und Haushalt im August 1913 in Basel.
Ab Mitte der 1890er Jahre, nachdem die Übertragung von Elektrizität über längere Distanzen technisch möglich wurde, stieg die Zahl neuer Elektrizitätswerke stark an. Im Jahr 1900 waren es 140, 1913 bereits über 1‘000 Elektrizitätswerke mit einer Gesamtproduktion von 1880: 249 GWh, 1890: 423 GWh, 1900: 950 GWh, 1910: 2’200 GWh, 1920: 4’407 GWh (Quelle: Historisches Lexikon der Schweiz).
Finanziert wurde dieser Ausbau zu Beginn vorwiegend privat und auch mit internationaler Beteiligung. 1895 wurden eigens für die Finanzierung und den Bau der Kraftwerke die «Motor AG für angewandte Elektrizität» (gegründet von der BBC, der Allgemeinen Deutschen Kreditanstalt in Leipzig, der Bank Leu & Cie. sowie einigen kleineren Schweizer Banken) und die «Elektrobank» (die allerdings vor allem ausländische Projekte förderte) gegründet.
„Die in der Krise der Jahrhundertwende offenbar gewordenen Probleme eines überhitzten Kraftwerkbaus hinterliessen in der schweizerischen Öffentlichkeit den Eindruck, eine zu liberale Politik der Bundesbehörden trage die Verantwortung auch an strukturellen Problemen der Elektrizitätswirtschaft.“, schreibt David Gugerli in seinem Artikel „Von der Krise zur nationalen Konkordanz“. Und weiter: „Eine neue Absatzstrategie der Elektrizitätsgesellschaften verlieh der Bewegung zusätzlichen Schwung: Um überschüssige Kapazitäten besser ausnützen zu können, hatten nicht wenige Kraftwerke mit Stromlieferungen ins benachbarte Ausland begonnen. … Beunruhigend wirkte die Tatsache, dass sich einige grosse Werke im Bau befanden, die ganz für den Export von Strom konzipiert worden waren.“
Frei-Land-Gesellschaft gegen den Ausverkauf der einheimischen Kraftwerke
So reichte die Frei-Land-Gesellschaft bereits 1891 – vor 125 Jahren – eine Petition ein, die ein Bundesmonopol für alle Wasserkräfte forderte, um den Ausverkauf der einheimischen Kraftwerke an ausländische Investoren zu verhindern. Ihr Wortlaut: „Sämtliche noch unbenützten Wasserkräfte der Schweiz sind Eigentum des Bundes. Die Gewinnung und Ausbeutung derselben, sowie deren Fortleitung durch Elektrizität, Druckluft u. s. w. sind Bundessache. Über die Durchführung dieses Monopols, sowie über die Verteilung des Reinertrages aus demselben wird ein Bundesgesetz das Nötige bestimmen.“
Nach einer umfassenden Vernehmlassung und gestützt auf Expertenberichte, legte der Bundesrat im Juni 1894 seinen Bericht und Antrag zu dieser Petition vor. In der Wintersession 1894 lehnte sie der Ständerat ab, ebenso der Nationalrat in der Frühlingssession 1895. Massgeblich dazu beigetragen hatte das Gutachten von August Jegher, Ingenieur und Redaktor der Schweizerischen Bauzeitung. David Gugerli schreibt in seinem Buch Redeströme, dass der Bericht Jeghers als „eine ebenso solide wie manipulatorische Entscheidungsgrundlage der Bundesversammlung zu bezeichnen“ sei. „Dank Jeghers diskursiven Parforceleistung war es nun auch technikbegeisterten Parlamentariern möglich, sich für die Elektrotechnik und gegen eine Monopolisierung der Wasserkräfte auszusprechen und damit das den meisten doch recht ungemütliche «Fahrwasser des Staatssozialismus» zu verlassen. So blieb denn vom Monopolisierungsanliegen scheinbar nichts Greifbares mehr übrig. Nur die Forderung nach Ausarbeitung einer schweizerischen Wasserkräftestatistik wurde umgehend an die Hand genommen.“, bilanziert Gugerli.
Doch das Thema der Hoheit über die «weisse Kohle» war noch nicht erledigt. So führte der Bundesrat mit dem Bundesbeschluss über die Abgabe inländischer Wasserkräfte ins Ausland vom 4. Dezember 1905 eine Bewilligungspflicht für die Ausfuhr von elektrischer Energie ein. Dennoch wurde 1906 unter dem Schlagwort „Die schweizerischen Wasserkräfte dem Schweizervolk“ eine Volksinitiative eingereicht (siehe Artikel Universität Zürich eso). Der Bundesrat legte dazu in seiner Botschaft von 30. März 1907 einen Gegenvorschlag auf Verfassungsstufe vor, worauf die Initiative zurückgezogen wurde. Am 25. Oktober 1908 stimmten Volk und Stände der neuen Verfassungsbestimmung zu (Art. 24bis. Die Nutzbarmachung der Wasserkräfte steht unter der Oberaufsicht des Bundes). Zur Umsetzung des Verfassungsartikels trat 1918 das Wasserrechtsgesetz in Kraft. Damit erhielt der Bund die Oberaufsicht über die Wasserkräfte wobei die Erteilung von Konzessionen weiterhin in der Hoheit der Kantone verbleib
Finanzielle Erfolge mussten hart erkämpft werden
Im Vorfeld dieses Entscheids wurde jedoch heftig über die Aufgaben des Bundes bei der Wasserkraftnutzung diskutiert. So führte Ingenieur H. B. Grüner in einem Vortrag vor dem Basler Ingenieur- und Architekten-Verein am 27. Februar 1906 (Teil 1, Teil 2) aus: „Es zeigt sich aus dem Gesagten, dass die Frage der Monopolisierung der Wasserkräfte durch den Bund in erster Linie und sozusagen einzig von Gelehrten und Idealpolitikern ausgeht, während der nüchterne Geschäftsmann, Ingenieur und leitende Politiker diesem Problem skeptisch gegenübersteht und sich gegen eine Monopolisierung der Wasserkräfte durch den Bund ablehnend verhält.“ Und weiter: „Keines der obgenannten Werke (Thusis, Gurtnellen, Rheinfelden, Hagnek, Wynau, Chevres, Vernayaz, Lonza, Aarburg, Flums, Aare-Emmenkanal usw) hat in vollem Masse den Hoffnungen, welche auf dasselbe gesetzt waren, entsprochen, die meisten hatten in den ersten Jahren mit den grössten technischen und finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen. So wurde das Elektrizitätswerk Vernayaz um ein Viertel der Erstellungskosten verkauft; Lonza musste bedeutende Abschreibungen machen an dem Aktienkapital, um auf eine gesunde Basis zu gelangen, Thusis und Gurtnellen standen jahrelang sozusagen still und selbst die grossen Werke wie Rheinfelden, Aarburg, Wynau hatten die ersten Jahre infolge technischer Schwierigkeiten auch um einen kleinen finanziellen Erfolg hart zu kämpfen. Während dieser Zeit schweigt die Bewegung der Monopolisierung der Wasserkräfte.“
Kantone übernehmen
Ab Mitte der Nuller-Jahre übernahmen immer mehr Kantone die Hoheit über die Stromversorgung. Bern war 1905 nach Freiburg und Waadt der dritte Kanton, der die zuvor mehrheitlich privat aufgebaute Elektrizitätswirtschaft verstaatlichte. Die Kantone gründeten kantonale Elektrizitätswerke und beteiligten sich an Produktions- und Versorgungsgesellschaften. Wobei die Produktion in dieser Boom-Phase des Kraftwerkbaus die Nachfrage oft weit übertraf.
Zusammenbruch der Bündner Kraftwerke AG
Der mangelnde Stromabsatz führte beispielsweise zum Zusammenbruch der Bündner Kraftwerke AG, die 1923 für den Kanton 1923/24 in einer finanziellen Katastrophe endete und zum Ausverkauf der Wasserkraft an ausserkantonale Gruppen führte. (Quelle: Artikel Südostschweiz vom 25. August 2012) In der Neuen Zürcher Zeitung vom 14. Juli 1924 war dazu zu lesen: “Im November 1923 erklärte die Bank für elektrische Unternehmungen in Zürich, die wir als fachkundige Beraterin zur Überwindung der bestehenden finanziellen Schwierigkeiten gewonnen hatten, dass eine Sanierung der Bündner Kraftwerke aus ihren eigenen Kräften fast aussichtslos sei. … Auch ohne die hindernden Bestimmungen der Abgrenzungs- und Durchleitungsverträge, ist die B. K. mit Bezug auf den Absatz der erzeugten Energie von ihren Nachbarn abhängig, weil dieselben das gesamte Absatzgebiet um die B. K. herum vorweg besetzt haben und die letztere keine Leitungen besitzt um auch nur den Versuch anzustellen, in das Nachbargebiet einzudringen, geschweige denn, auf eigene Rechnung Energie ins Ausland zu transportieren.“ In einem Folgeartikel vom 24. Juli 1924 fragt die NZZ: „Hat man vor der Beschlussfassung über den Bau der Werke, besondere des zweiten obern Werkes, die Verhältnisse auf dem Strommarkt nicht voraussehen können? Und die NZZ antwortet gleich selbst: „Die Entwicklung der Bündner Kraftwerke liess sich von jedem nüchtern denkenden Elektrizitätsfachmann von Anfang an voraussehen.“
Das Postulat Grimm
1923 reichte Nationalrat Grimm sein Postulat betreffend die schweizerische Elektrizitätswirtschaft ein. Der Wortlaut: „Der Bundesrat wird eingeladen, zu prüfen und beförderlichst zu berichten: 1. Ob die Praxis der Erteilung von Exportbewilligungen für elektrische Energie nicht in dem Sinne zu ändern sei, dass inskünftig Exportbewilligungen nur noch erteilt werden, wenn die betreffende Energiemenge vorher zum Exportpreise dem Inlandkonsum offeriert worden ist; 2. ob nicht der Energieaustausch im Inland durch das Sammelschienensystem von Bundes wegen zu ordnen sei.“
In seinem Bericht vom 27. März 1925 über das Postulat Grimm kam der Bundesrat zum Schluss, dass das Wasserrechtsgesetz den Ausbau der Wasserkräfte ausreichend regle. Ebenso sei die Energieabgabe an das Ausland mit der Ausfuhrverordnung vom 4. September 1924 in genügender Weise geordnet. Die Tätigkeit des Bundes solle sich auf diejenigen Massnahmen beschränken, für welche die verfassungsmässige Grundlage in Art. 24bis, Abs. 9. der Bundesverfassung geschaffen wurde. Eine Übernahme der Sammelschienenunternehmungen oder des gesamten Kraftübertragungswesens durch den Bund komme nicht in Frage.
Dazu schreibt E. Erny, Delegierter des Verwaltungsrates NOK, in der NZZ vom 3. und 5. November 1926: „Darin liegt wohl auch das Eingeständnis, dass es mit der schweizerischen Elektrizitätswirtschaft durchaus nicht so übel bestellt ist, wie man aus den Erörterungen in der Tagespresse, in Interessensverbänden und Zeitschriften schliessen müsste. Die Diskussion über Elektrizitätswirtschaftsfragen ist indessen nicht zur Ruhe gekommen. Der nationalrätliche Kommission, die sich seit mehr als Jahresfrist mit der bundesrätlichen Botschaft über das Postulat Grimm befasst, sollen dem Vernehmen nach von verschiedenen Interessentenverbänden weitergehende Postulate zugegangen sein, und in Zeitungsreferaten und Vorträgen verschiedener Fachleute und Nichtfachleute wird eine Ausdehnung der Gesetzgebung auf dem Gebiete der Elektrizitätswirtschaft gefordert. Dabei gehen die Anschauungen, was zu geschehen habe, allerdings weit auseinander. … In einem Lande, wo rund 4 Millionen Einwohner von einem Bundes- und 25 kantonalen Parlamenten ihre Gesetze erhalten und wo ebenso viele Regierungen sich in die politische Führung und die Verwaltung teilen, ist es ganz natürlich, dass auch die Elektrizitätswirtschaft sich in regionaler Richtung entwickelt hat. Die Tatsache, dass die Wasserhoheit sich in den Händen der Kantone befand und sich, abgesehen von den Grenzgewässern, immer noch befindet, musste von vornherein an Stelle einer einheitlichen Organisation ein Nebeneinandergehen und damit eine Zersplitterung im Ausbau unserer Wasserkräfte begünstigen. Nachdem einmal die Bedeutung der Wasserkräfte für die Gewinnung elektrischer Energie erkannt war, suchten die Inhaber der Wasserhoheit Kantone, Bezirke, Gemeinden jeder für sich und möglichst rasch die Wasserkräfte fiskalisch auszubeuten, und an Stelle einer einheitlichen Energiewirtschaft trat eine Vielheit von gleichgerichteten, mehr lokalen Bestrebungen, die schliesslich dazu geführt haben, dass wir in der Schweiz heute rund 6‘900 Elektrizitätswerke besitzen…. Die Ausgaben der Elektrizitätswerke bestehen in der Hauptsache aus zwei Gruppen, nämlich einerseits den Betriebsunkosten (einschliesslich Unterhalt und Generalunkosten) und anderseits den Kapitalkosten, d.h. der Verzinsung der investierten Gelder, den auf dem investierten Kapital vorzunehmenden Abschreibungen und den Einlagen für Erneuerung und Amortisation. Je nachdem es sich um Unternehmungen mit mehr oder weniger Detailverlauf handelt, betragen die Kapitalkosten 60 bis 75 Prozent der Gesamtausgaben, während die Betriebsunkosten nur 25 bis 40 Prozent ausmachen. Schon aus diesem Verhältnis der Betriebsunkosten und der Kapitalkosten geht hervor, dass die ersteren von geringerem Einfluss auf die Gestehungskosten der Energie sind. … Eine wesentliche Einsparung bei dieser Ausgabengruppe wäre nur möglich durch die Verminderung der fiskalischen Ansprüche. Es ist durch das Sekretariat des Verbandes Schweizerischer Elektrizitätswerke festgestellt worden, dass von den Elektrizitätswerken jährlich Steuern. Wasserzinse und sonstige Gebühren im Betrage von rund 30 Millionen Franken an den Fiskus abgeführt werden. Das bedeutet eine ganz erhebliche Belastung der Energieproduktion. Hier stehen aber den Bestrebungen der Elektrizitätswerke, sich von allzu hohen fiskalischen Aderlässen zu befreien, die Interessen insbesondere der Kantone gegenüber. Während man in unseren Nachbarländern den Elektrizitätswerken weitgehende Erleichterungen hinsichtlich der Steuern und Abgaben gewährt und ihnen sogar Bauzuschüsse bewilligt, sind die den schweizerischen Elektrizitätswerken auferlegten Lasten in stetigem Zunehmen begriffen. Die Elektrizitätswerke sind gegenüber diesen Umständen machtlos: sie können die Verteuerung der Energie durch den Fiskus nicht beseitigen, so sehr sie auch der Ansicht sind, unsere gesamte nationale Wirtschaft würde besser gefördert, wenn man die Ausnützung der Wasserkräfte erleichtern, statt sie durch alle möglichen Auflagen erschweren würde.“
Nach mehrjähriger parlamentarischer Debatte fand sich der Bundesrat schliesslich bereit, ein Eidgenössisches Amt für Elektrizitätswirtschaft zu schaffen. Dazu erklärte er in seinem Ergänzungsbericht zum Postulat Grimm vom 21. Januar 1930: „Nach unserer Auffassung ist die Schaffung eines Bundesamtes für Energiewirtschaft, gemäss den vorstehenden Ausführungen, geeignet, die rationelle Entwicklung der Energiewirtschaft zu fördern und die Behebung der Mängel zu erleichtern, die zum Postulat Grimm Veranlassung gegeben haben. Diese neue Organisation wird die verschiedenen vom Bundesrat schon getroffenen Massnahmen in glücklicher Weise ergänzen und für die vom Bundesrat zu verfolgende Elektrizitätspolitik wertvolle Unterlagen liefern.“ Am 1. Oktober 1930 nahm das neue Amt (als Vorgänger des heutigen Bundesamts für Energie) am Bollwerk 27 in Bern seine Arbeit auf.
Kriegsjahre
Zwischen 1930 und 1945 nahm der Elektrizitätsverbrauch von 4 Mrd. auf 9 Mrd. kWh zu. Die Stromproduktion in der Schweiz nahm zwischen Anfang der 1930er Jahre bis zum Ende des zweiten Weltkriegs um 90% zu. Die Produktion stieg schneller als der Binnenverbrauch, so dass sich die Stromexporte von 235 Millionen kWh (1932) auf über 1 Milliarde (1940) erhöhten (Quelle: Unabhängige Expertenkommission Schweiz – Zweiter Weltkrieg). Die inländische Stromversorgung während der Kriegsjahre funktionierte meist gut; nur während des kalten Winters 1941/42 kam es zu Einschränkungen. Deren Ursache lag „in der schlechten Füllung der Stauseen. Bis Neujahr gab es nur wenig Niederschläge, im Januar 1942 nur Schnee und der Februar blieb trocken. Auch ohne den ausserordentlich grossen Verbrauchszuwachs namentlich durch Wärmegeräte war Grund genug zu scharfen Sparmassnahmen vorhanden.“, hielt E. Steiner, Vizepräsident des Schweiz. Energiekonsumentenverbandes, am 10. April 1942 in einem Vortrag fest. Steiner befürchtete in absehbarer Zeit eine ernstliche Energieknappheit. Es liege „nun auch an den Behörden, den Bau neuer Kraftwerke zu fördern. Insbesondere erwartet man von ihnen die baldige Erteilung der noch fehlenden Wasserrechtskonzessionen, erträgliche Bedingungen und massige Bemessung der Wasserzinse. Die Art. 23 und 24 bis der Bundesverfassung und das eidg. Wasserrechtsgesetz von 1916 gewähren den Bundesbehörden weitgehende Befugnisse zum raschen Handeln und zur Entscheidung strittiger Fragen.“
Auch die NZZ berichtete unter dem Titel „Unser nationaler Rohstoff“ am16. April 1942, dass „die Energieknappheit des vergangenen Winters die Fragen unserer Elektrizitätsversorgung in den Vordergrund des öffentlichen Interesses gerückt“ habe. „Wer sich bisher in der Illusion gewiegt hatte, dass die Versorgung unseres Landes mit Kraft und Wärme dank seiner „weissen Kohle“ unter allen Umständen gesichert sei, der musste erfahren, dass dem nicht so sei. Sofort wurde nun aber auch die Frage gestellt, warum man nicht durch den rechtzeitigen Bau neuer Kraftwerke besser vorgesorgt habe. Man war rasch bei der Hand, das kapitalistische Rentabilitätsstreben für den eingetretenen Mangel verantwortlich zu machen, wobei man allerdings übersah, dass die grosse Mehrzahl unserer Elektrizitätswerke nicht vom privaten Erwerbskapital, sondern direkt oder indirekt von der öffentlichen Hand kontrolliert wird. Man erinnerte sich auch nicht mehr daran, dass man eben diesen Kapitalinteressen noch vor wenigen Jahren den Bau zu vieler Kraftwerke vorgeworfen hatte.“
Zum Ende des zweiten Weltkriegs blickte Adolf Ostertag in zwei Artikeln in der Schweizerischen Bauzeitung vom 15. Dezember 1945 auf 50 Jahre elektrische Unternehmungen und 50 Jahre Verband Schweizerischer Elektrizitätswerke zurück: „Die Unternehmungen der Elektrizitätsversorgung waren aus der Privatinitiative entstanden: nur wenige erkannten damals den Wert der elektrischen Energie, die sich aus den Wasserkräften gewinnen liess ; noch weniger zahlreich waren die Wagemutigen, die ihre Ersparnisse für ein so unsicheres Unternehmen festlegen wollten. Bedenkt man die grossen Baukosten, die langen Bauzeiten, die technischen Schwierigkeiten und Unsicherheiten, die Frage des Stromabsatzes, vor allem in den ersten Jahren nach der Erstellung eines Kraftwerkes, so versteht man auch, dass es nicht Sache der öffentlichen Hand sein konnte, die Gelder des Steuerzahlers in langfristigen, gewagten Anlagen zu investieren.“ Und weiter: „Die Geschichte des VSE ist, wie die Geschichte der Elektro-Technik überhaupt, ein Stück Schweizergeschichte: Nüchterner Wirklichkeitssinn, Unternehmungsmut, Gestaltungswille, zäher Fleiss und überragendes Können sind die echt schweizerischen Eigenschaften, die in den grossen technischen Leistungen ihren Ausdruck finden. Anderseits wollen wir die ebenso typische Eigensinnigkeit, das «mit dem Grind durch die Wände hindurch wollen» und eine gewisse Machtgier des Schweizers nicht verkennen. Typen vom Schlage eines Hans Waldmann dringen auch heute immer wieder zu führenden Stellen empor! — und manche Schwierigkeit, nicht zuletzt auch der Widerstand weiter Volkskreise gegen den Bau von Speicherkraftwerken, dürfte zum Teil in solchen Mängeln der Selbsterziehung eine letzte Ursache haben. Die bevorzugte Stellung der Werke gibt ihren Leitern eine Macht, die das Abgleiten vom Dienen zum Herrschen überaus begünstigt und nur die beständige Arbeit am inneren Menschen vermag jenes Verantwortungsbewusstsein und jene menschliche Grösse zu wecken und zu entwickeln, die das Erfüllen des grossen Auftrages erfordert.“
Marianne Zünd, Leiterin Medien + Politik BFE
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