Ressourcen sinnvoll und ohne Verschwendung zu verwerten, ist zentral für eine nachhaltige Entwicklung unserer Gesellschaft. Dennoch werden die primären Energieträger wie Öl, Erdgas, Kohle, Biomasse, nukleare Brennstoffe oder Erneuerbare nur zu etwa 10 Prozent in nutzbare Energie umgewandelt. Der Rest ist Wärmeverlust an die Umgebung. Die Nutzung dieser Abwärme birgt auch in der Schweiz ein enormes Potenzial für die Einsparung von Primärenergie und Energiekosten.
Heute wird in zwei von drei Haushalten Öl oder Gas – wertvolle chemische Rohstoffe mit höchster Energiedichte – verheizt, um Raumtemperaturen von 18°C bis 21°C zu erzeugen. Da ein Öl- oder Gasbrenner Temperaturen oberhalb von 1000°C erzeugt, verschwendet das extrem viel sogenannte Exergie. Gleichzeitig verursacht das Verbrennungsprodukt CO2, was für den Hauptteil der Klimaerwärmung verantwortlich ist – mit weitreichenden Konsequenzen. Eine Umstellung unseres Energiekonsums auf eine „low-carb“-Diät ist also sowohl aus umwelttechnischer wie auch wissenschaftlich-technischer Sicht zu beschreiten.
Als Alternative kommen in 80 Prozent von Neubauten elektrisch angetriebene Wärmepumpen zum Zuge. Diese Technologie, ein Ergebnis Schweizer Pionierarbeit angesichts einer Knappheit von Kohle während des zweiten Weltkriegs, senkt den Energieverbrauch für Heizungen um ca. 75 Prozent. Allerdings benötigt die Wärmepumpe Strom, um ein Kältemittel zu verdichten und so Wärme auf eine höhere Temperatur zu befördern.
Mechanische Kompression ist nicht die einzige Möglichkeit der Verdichtung: Anfang des 20. Jahrhunderts wurden Adsorptionskältemaschinen eingesetzt, um Eisenbahnen in den USA zu kühlen oder Kühlschränke ohne Strom zu betreiben. Die Technologie beruht auf der Adsorption von Kältemitteldampf in einem porösen Feststoff, analog zur Aufnahme von Feuchtigkeit durch Trockenmittelbeutel. In einem geschlossenen System wird so flüssiges Wasser verdampft und im Extremfall bis zur Eisbildung abgekühlt. In einer industriellen Anlage wechseln sich Adsorptions- mit Desorptionsvorgängen ab, bei denen das zuvor adsorbierte Wasser durch die Zufuhr von Antriebswärme aus dem Trockenmittel ausgetrieben oder „desorbiert“ wird und in einem Kondensator kondensiert.
Die freigesetzte Wärme ist bis zu 1.5 Mal grösser als die eingesetzte Antriebswärme und optimal an die Bedürfnisse eines Heizsystems angepasst. Erste Produkte für den Heimgebrauch sind durch die Firmen Viessmann und Vaillant erhältlich und werden mit Gasbrennern angetrieben.
Es gibt jedoch auch andere Formen der Antriebswärme, deren Erschliessung sich lohnt. In 2014 wurden in der Schweiz 26 TWh für industrielle Prozesswärme verwendet. D.h., knapp 20 Prozent des Endenergieverbrauchs ohne Mobilität. Rund die Hälfte könnte weitergenutzt werden über Fern- oder Nahwärmenetze. Wärme aus Kehrrichtverbrennungsanlagen (KVA), Fertigungsprozessen oder Rechenzentren kann ebenfalls eingesetzt werden und ist nun nicht mehr ein unerwünschtes Nebenprodukt.
Besonders attraktiv sind die geringe Stromaufnahme einer Adsorptionswärmepumpe und die Verwendung von Wasser als ultimativ umweltfreundliches Kältemittel. Da in der Schweiz heute etwa 40 Prozent des Stromverbrauchs für Heizen und Kühlen eingesetzt wird, könnten Adsorptionswärmepumpen einen wichtigen Beitrag zur Entlastung des Stromnetzes beitragen.
Somit können mit Abwärme betriebene Adsorptionswärmepumpen gleichzeitig den CO2-Ausstoss sowie den Stromverbrauch senken. Dies ist ganz im Sinne der Energiestrategie 2050, welche sowohl eine Senkung der CO2-Emissionen sowie einen Ausstieg aus der Kernenergie vorsieht. Ein wichtiger Schritt wird durch die Forschung im Projekt THRIVE ermöglicht. Das Projekt wird im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms „Energiewende“ (NFP 70) des Schweizerischen Nationalfonds (SNF) durchgeführt und realisiert bis 2017 einen Adsorptionswärmepumpen-Demonstrator für die Abwärmenutzung in der Schweiz. Die Vision: Heizen und Kühlen mit Abwärme und minimalem Stromverbrauch.
Dr. Patrick Ruch, Research Scientist, IBM Research – Zurich
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