In der letzten Woche haben sich Forscher und Vertreter des Bundesamts für Energie in Oberhasli getroffen, um sich über aktuelle Themen auszutauschen (siehe Blogeintrag vom 16. Oktober). Neben den Themen Energieeffizienz und Marktdesign ging es auch um die Zukunft der Wasserkraft. Der Veranstaltungsort war dafür natürlich prädestiniert. Der Direktor der Kerkraftwerke Oberhasli AG (KWO), Gianni Biasutti, erklärte einführend die momentan nicht so rosige Gegenwart, in der Projekte nicht so sehr aus ökologischen Gründen im Gegenwind stehen, sondern angesichts der niedrigen Marktpreise. Diese führen aktuell auch dazu, dass die Gestehungskosten nicht vollständig gedeckt werden können. Die Stimmung ist entsprechend gedrückt. Darüber täuschen auch nicht die eindrucksvollen Anlagen der KWO hinweg, die die Workshopteilnehmenden besuchen durften. Das bislang grösste Schweizer Pumpspeicherkraftwerk Grimsel 2 beeindruckt mit seiner grossen Kaverne und der langen Zufahrt im Berg. Wir bekamen unter anderem den erst kürzlich gebauten Frequenzumrichter Varspeed zu sehen, mit dem eine der Pumpen nun auch flexibel betrieben werden kann. Dafür erhielt die KWO 2014 den Watt d’Or in der Kategorie Energietechnologien. Am Bildschirm im Berginneren ist allerdings zu erkennen, dass die Systemdienstleistungs-Auktion der Woche eher mau verlaufen ist.
Am Folgetag beschäftigt uns die weitere Zukunft der Wasserkraft. Zumindest der Weiterbetrieb steht für die meisten Kraftwerke nicht in Frage, wie der KWO Direktor bereits im Pumpspeicherkraftwerk bestätigte; die variablen Produktionskosten sind so tief, dass die Maschinen immer weiter drehen werden. Das ist erst dann in Frage gestellt, wenn sehr grosse Erneuerungsinvestitionen getätigt werden müssen. Bei den meisten Anlagen ist das erst aus mittelfristiger Sicht relevant.
In der kurzen Frist interessiert die Marktintegration der neuen Wasserkraftwerke, von denen zwei Grosse demnächst an das Netz gehen: Mit Linth-Limmern und Nant de Drance nehmen in den nächsten 3 Jahren zwei der grössten europäischen Pumpspeicherkraftwerke ihren Betrieb auf. Die Auswirkungen, insbesondere auf den Systemdienstleistungsmarkt, werden interessant zu beobachten sein. Die Frage der besseren Entgeltung der Flexibilität wurde auch im Workshop bei der Besprechung des Marktdesigns nachgegangen.
Die Wasserkraft kann kurzfristig nicht so sehr eine Besserung der Marktpreise erwarten, sondern hofft auf eine Änderung der Rahmenbedingungen, insbesondere beim Wasserzinsregime. Dieses wird in den nächsten Jahren diskutiert. Bis 2020 soll das entsprechende Gesetz angepasst werden. Unter den anwesenden Wirtschaftswissenschaftlern ist eine klare Präferenz für ein flexibleres Modell zu spüren, welches einen Wasserzins entsprechend dem Wert der mit der Wasserkraft produzierten Energie ableitet. Wegen der wirtschaftlichen Lage rückt der Blick in die ferner liegende Zukunft eher in den Hintergrund, z.B. die grosse Anzahl an Heimfällen, welche in den 2030er- und 2040er-Jahren auf der Agenda stehen. Für den Konzessionär ist das ein einschneidender Termin, da das konzedierende Gemeinwesen dann über die Verwendung der Wasserkraft in den darauf folgenden Jahrzehnten entscheidet.
Für das BFE ebenfalls wichtig ist der Produktionszuwachs aus Wasserkraft bis 2050. Hier wird am Fahrplan festgehalten, da auf die lange Sicht auch der Markt wieder spielen wird und damit Investitionen auch ohne Beihilfen möglich sein werden. In der kurzen Frist kann die Wasserkraft auch für grössere Anlagen Beihilfen für den Bau neuer Anlagen erwarten, diese Regelung wurde im letzten Jahr durch den Nationalrat auf den Weg gebracht und im Herbst auch durch den Ständerat bestätigt. So kann sich der KWO Direktor doch noch Hoffnung machen, dass es mit neuen Projekten selbst im schwierigen Umfeld weiter geht.
Christian Dupraz, Leiter Sektion Wasserkraft
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