Am Führungstreffen Energie, der Auftaktveranstaltung zur E-world Essen, der grössten europäischen Energiemesse, zogen gestern Vertreter des Ministeriums, des Regulators sowie der Wirtschaft eine Zwischenbilanz zur deutschen Energiewende. Man war sich einig, das ist ein Generationenprojekt.
In seinem Einstiegsreferat stellte Staatssekretär Rainer Baake fest, dass der erste Schritt, das Abschalten der Kernkraftwerke, ohne Abstimmung mit den umliegenden Ländern erfolgt sei, was zu viel Unmut geführt habe. Der jetzt angesagte nächste Schritt, das Erarbeiten eines Strommarkt-Designs, erfolge aber in enger Abstimmung mit den elektrischen Nachbarn. Denn man wolle eine Marktkonzeption, welche Deutschland nicht abschottet, sondern Teil eines grösseren europäischen Systems werden lässt. Der Begriff der „elektrischen Nachbarn“ war für viele Teilnehmer neu, er postuliert den aktiven Einbezug aller umliegenden Länder, welche über direkte Übertragungsleitungen mit Deutschland verfügen. Das gibt Chancen auch für die Schweizer Stromwirtschaft, weil Deutschland, wie es Sigmar Gabriel treffen sagt, „keine Überlebenshilfe à la Hartz IV für alte Kohlekraftwerke“ einführen, sondern als Reserve auf die Wasserkraft der Alpen zurückgreifen will. Baake ist in der Tradition des deutschen Wirtschaftsministeriums (Ludwig Erhard, Helmut Schmidt) ein Mann, der Marktlösungen fördern will und gleichzeitig weiss, dass Märkte nicht naturgegeben funktionieren sondern mit klaren Regeln klug organisiert und dauernd überwacht werden müssen.
Der Chef der Bundesnetzagentur Jochen Homann zeigte auf, dass zur Schaffung dieses übernationalen Strommarktes eine Verstärkung der Netze unabdingbar ist. Trotz verbesserter Rahmenbedingungen und neuer partizipativer Prozesse wurden 2014 nur gerade 140 von den insgesamt nötigen 1‘900 Kilometer realisiert.
Vertreter der Energiebranchen zeigten sich teils total verunsichert und – wie einer spottete – in tiefer Trauer über die guten alten Zeiten. Optimistisch und voller Tatendrang demgegenüber Arndt Neuhaus, der Vertreter von RWE: Er blickte in seinem Referat aus der Perspektive seiner Kinder in fünfzehn Jahren (2030) auf 2015 zurück und meinte, damals seien einige Prinzipien und Meilensteine richtig gesetzt worden. Das war der Beginn einer industriellen Revolution mit der klugen Integration von erneuerbaren Energien gekoppelt mit Effizienz, Intelligenz, Speicher und E-Mobilität. Das war der Anbeginn von Digitalisierung, Miniaturisierung und Globalisierung, bei dem man nicht nur den alten Strom-Bezüger überwunden und den Kunden bereits nicht mehr nur als Person oder Unternehmen wahrnahm. Man wurde sich mehr und mehr bewusst, dass die einzelne Gasheizung dank IT künftig von selbst nach einem vorgegebenen Entscheidungsmuster wohl den günstigsten Gaslieferanten auswählen könne. Das sind neue Kundenbegriffe und damit spannende Geschäftsfelder für die EVUs gekoppelt mit ICT, das sind Herausforderungen für Deutschland, das Land der Ingenieure, das auch dieses Generationenprojekt, das man hier noch Wende nennt, erfolgreich meistern will.
Walter Steinmann, Direktor BFE
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