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Strom und Strasse im selben Tunnel? Das Beispiel Gotthard


Seit bald 100 Jahren führt eine Höchstspannungsleitung über den Gotthard. Schon etwas länger gibt es den Bahntunnel und seit 1980 ist der Gotthard-Strassentunnel in Betrieb. Nun muss dieser aufgrund seines Alters saniert werden und eine zweite Röhre wird gebaut. Dies bietet die Chance, Strom und Strasse durch denselben Tunnel zu führen, die bestehende Freileitung 220-Kilovolt zurückzubauen und damit die Alpenlandschaft zu entlasten.

Die nationale Netzgesellschaft Swissgrid und das Bundesamt für Strassen ASTRA haben nun eine Vereinbarung abgeschlossen, welche wesentliche Eckpunkte einer solchen Bündelung der Infrastrukturen von Strasse und Strom am Gotthard regelt.

Unter dem Pannenstreifen der zweiten Röhre des Gotthard Strassentunnels soll in einem separaten Werkleitungskanal eine Höchstspannungsleitung 220-Kilovolt verlegt werden, wie die folgende Abbildung illustriert. Mit einer Länge von rund 18 Kilometern entsteht die längste verkabelte Höchstspannungsleitung der Schweiz.

Abbildung: Zweite Röhre Gotthard Strassentunnel (Quelle ASTRA):

Dieses Grossprojekt birgt verschiedene Herausforderungen: Bei der Planung müssen die Projektanten insbesondere klären, wie sich die beiden Infrastrukturen gegenseitig beeinflussen und entsprechende Vorkehrungen treffen. Beispielsweise müssen für die Verkehrsteilnehmenden die Grenzwerte von 100 µT bezüglich der nichtionisierenden Strahlung (NIS) eingehalten werden. µT steht für Mikrotesla. Das ist die Messgrösse für die magnetische Flussdichte.

Eine weitere Herausforderung betrifft den Abtransport der Wärme des 220-Kilovolt-Stromkabels: Hierzu wird eine vom Verkehrsraum unabhängige Lüftung eingesetzt. In den fünf Ausstellbuchten im Tunnel werden separate Montageöffnungen in die Fahrbahnplatte eingebaut. Durch diese Öffnungen ist der Werkleitungskanal im Tunnel zugänglich. Auch für die spätere Nutzung, den Betrieb, die Instandhaltung sowie die Aufteilung der Kosten des Bauwerkes mussten Lösungen gefunden werden.

Auf die Durchführung eines Sachplanverfahrens, wie es sonst beim Bau von Höchstspannungsleitungen vorgesehen ist, kann im vorliegenden Fall verzichtet werden. Das Bundesamt für Energie ist zum Schluss gekommen, dass einerseits die gesetzlichen Kriterien für den Verzicht auf ein solches Verfahren erfüllt sind und andererseits ein Sachplanverfahren keinen Mehrwert bringen würde.

Die Bündelung von Infrastrukturen trägt zum Landschaftsschutz und zur haushälterischen Bodennutzung bei. Das Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) hat 2019 eine Studie vorgestellt, welche die Anforderungen an Technik, Betrieb und Sicherheit bei solchen Vorhaben untersuchte.

Bündelung Infrastrukturen (admin.ch)

Martin Michel, Fachspezialist Netze, Bundesamt für Energie

Weitere links:

Kabelleitung im Gotthardstrassentunnel (swissgrid.ch)
A2 Zweite Röhre Gotthard | Startseite (gotthardtunnel.ch)

2 Kommentare
  1. Raess Rolf
    Raess Rolf sagte:

    Das wäre eine Gelegenheit das Kabel durch den Tunnel als Supraleiter (High Tc) auszuführen. Es wäre weltweit die längste Strecke, nachdem ein Schweizer* in den 80er Jahren für diese Leiterart den Nobelpreis bekommen hat. Wo sind die Pioniere geblieben? Schläft heute die einst führende ABB (BBC)?
    *(Prof. Dr. K.A. Müller)

    Antworten
    • energeiaplus
      energeiaplus sagte:

      Gemäss Stromversorgungsgesetz Artikel 8 Absatz 1 sind die Netzbetreiber zuständig für ein sicheres, leistungsfähiges und effizientes Netz. Im Fall der Leitung durch den zweiten Gotthard Strassentunnel ist dies die nationale Netzgesellschaft Swissgrid. Generell ist ein solches Leitungsprojekt eine grosse Herausforderung. Es gibt in Europa keine mit der Verkabelung der Gotthardleitung vergleichbare Anlage. Die Planungsarbeiten für dieses Netzvorhaben bei Swissgrid wurden gestartet und es wurden Abklärungen zu verschiedenen Verkabelungs-Technologien gemacht (Supraleiter, DC, AC). Um die Risiken zu minimieren und die Kosten tief zu halten, steht momentan eine klassische 220-kV-Kabelleitung mit Wechselstrom (AC) im Vordergrund. Im Rahmen des Plangenehmigungsverfahrens wird die Frage der Technologie abschliessend zu beantworten sein.

      Martin Michel, Fachspezialist Netze, Bundesamt für Energie

      Antworten

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