Wo hapert’s beim Umstieg auf erneuerbare Heizsysteme?
Auf welches System setzen HauseigentümerInnen, wenn sie ihre fossilen Heizungen ersetzen? Ein Vergleich von fünf Deutschschweizer Städten zeigt: In der Regel wird die alte Öl- oder Gasheizung mit einer neuen ersetzt, der Umstieg auf erneuerbare Energieträger ist die Ausnahme. Warum ist das so? Welche Faktoren spielen dabei eine Rolle? Und wo setzt man am besten an bei der Förderung von Heizungen mit erneuerbaren Energieträgern?
In Zürich ist das Festhalten am fossilen Heizsystem besonders ausgeprägt: 85 Prozent der Heizungen, die mit Öl oder Gas betrieben werden, werden mit dem gleichen System ersetzt. In Basel, St. Gallen und Winterthur liegt der Anteil zwischen 76 und 81 Prozent. In Köniz, einer Gemeinde mit städtischen Quartieren und weitläufigen ländlichen Gebieten, sind es knapp 55 Prozent.
Im Rahmen von Energieforschung Stadt Zürich wurde dieser Städtevergleich gemacht und Erklärungen für diese Zahlen gesucht.
Es zeigt sich, dass die Abdeckung des Siedlungsgebiets mit Gas eine grosse Rolle spielt bei der Wahl des Energieträgers.
In den vier Städten ist Gas weit verbreitet. In Zürich liegt die Abdeckung des Siedlungsgebietes am höchsten – mit 100 Prozent. Das hat historische Gründe. Als Kohle in den Kriegsjahren des letzten Jahrhunderts knapp wurde, wurde das Gasnetz aufgebaut.
Wenn im Gasversorgungsgebiet eine Heizung ersetzt wurde, geschah dies in Zürich und St. Gallen in rund 90 Prozent der Fälle wieder mit Gas. In Basel und Winterthur liegt dieser Wert rund 10 Prozentpunkte tiefer.
Spezialfall Köniz
Die Auswertung zeigt auch: Wenn ein Fernwärmenetz vorhanden ist, steigen die EigentümerInnen der Liegenschaften durchaus vom fossilen auf das erneuerbare Heizsystem um. In Basel war es zwischen 2010 und 2016 fast jede fünfte Heizung, die neu ans Fernwärmenetz angeschlossen wurde.
In Winterthur besteht eine Anschlusspflicht an Wärmeverbunde. Zwischen 2014 und 2018 fand jeder vierte Heizungswechsel auf einen erneuerbaren Energieträger statt.
Ein Spezialfall ist Köniz: Nur wenige Quartiere sind mit dem Gasnetz erschlossen. Ein Fernwärmenetz gibt es in Köniz nicht, aber einen grösseren sowie wenige kleine Wärmeverbunde. Fast die Hälfte (45 Prozent) der Heizungswechsel erfolgten auf ein erneuerbares System – vorab auf Wärmepumpen und Holzheizungen. Das hat auch damit zu tun, dass es in der Gemeinde Köniz Gebiete gibt mit einem hohen Einfamilienhausanteil.
Was lässt sich aus diesem Städtevergleich ableiten? Wo müsste man ansetzen, um den Anteil erneuerbarer Energieträger beim Heizen zu erhöhen?
Reto Dettli führt die Geschäftsstelle von Energieforschung Zürich, welche den Städtevergleich durchgeführt hat. Energeiaplus wollte von ihm wissen, was ihn am meisten überrascht hat bei dieser Städte-Analyse.
Reto Dettli: Bei unseren Studien zum Heizungsersatz sind mir drei Punkte besonders aufgefallen: Erstens ist der Ersatz einer fossilen Feuerung durch eine fossile Feuerung immer noch die Regel und nicht die Ausnahme – trotz Informationskampagnen und CO2-Lenkungsabgabe.
Zweitens richten sich EigenheimbewohnerInnen und professionelle Gebäudebewirtschaftende beim Heizungsersatz an unterschiedliche Fachleute: die EigenheimbewohnerInnen gehen zum Heizungsinstallateur, die Gebäudebewirtschaftenden zum Planungsunternehmen. Und drittens glauben HeizungsinstallateurInnen bereits zu wissen, was ihre KundInnen wollen – was nicht stimmt.
Energeiaplus: Welche Rolle spielen die Energieversorgungsunternehmen (EVU) beim Umstieg auf erneuerbare Heizsysteme?
Die EVU bieten in grösseren Städten die wichtigsten Energien für das Heizen an: Erdgas und Fernwärme. Die Untersuchungen zeigen, dass in dicht bebauten Städten das Angebot von erneuerbarer Fernwärme ein Schlüssel für die Dekarbonisierung der Wärmeversorgung darstellt.
Wo es Fernwärme gibt, wird auch meistens daran angeschlossen. Bei der Gasversorgung ist der zukünftige Stellenwert und die Verfügbarkeit von erneuerbaren beziehungsweise CO2-freien Gasen mit Unsicherheiten behaftet. Eine Anpassung der Versorgungsgebiete dieser beiden leitungsgebundenen Energien ist deshalb notwendig für eine erneuerbare und CO2-freie Wärmeversorgung.
Und die Heizungsfachleute, die die neue Heizung installieren?
Sie spielen eine grosse Rolle bei den EigenheimbewohnerInnen als erste und zentrale Ansprechperson. Es ist also wichtig, dass diese Fachleute auch die notwendigen Kenntnisse für erneuerbare Systeme mitbringen.
In Basel z.B. darf eine neue Ölheizung seit Herbst 2017 nur noch in Ausnahmefällen die alte ersetzen. Und in Winterthur gibt es eine Verpflichtung, das Haus ans Fernwärmenetz anzuschliessen, sofern technisch möglich und wirtschaftlich konkurrenzfähig. Man versucht die Eigentümerschaften via Gesetz zum Umstieg auf erneuerbare Energieträger zu bringen, lässt aber gleichzeitig Ausnahmen zu. Ein sinnvoller Weg?
Auf jeden Fall. Die neusten Zahlen aus den Jahren 2019 und 2020 in Basel sind eindrücklich, heute wird in mehr als 90 Prozent der Fälle eine fossile Heizung auf erneuerbare Energien umgestellt, wie der Leiter der Basler Abteilung Energie, Marcus Diacon, bei einer Veranstaltung Mitte April aufgezeigt hat.
Beim Heizungsersatz bestehen viele Fehlanreize und Hemmnisse. Eine Kombination von Vorschriften und Förderung ist deshalb notwendig. Beispielsweise ist die Investition in die neue Heizung von der Eigentümerschaft zu tragen, die jährlichen Heizkosten von der Mieterschaft. Dies begünstigt eine Gasheizung mit tiefen Investitionen und eher hohen Betriebskosten.
Auch die Unsicherheit betreffend zukünftiger Entwicklung der Energiepreise führt eher zum Entscheid für ein System mit tiefen Investitionen – auch wenn sich ein in der Anschaffung teureres System mit erneuerbaren Energien über die Nutzungsdauer lohnen würde.
Sie haben im Rahmen von Energieforschung Stadt Zürich von Hauseigentümerschaften wissen wollen, was bei der Wahl des Heizsystems ausschlaggebend war. Dabei hat sich gezeigt: Wer seine Gas- oder Ölheizung mit einem fossilen Energieträger ersetzt hat, hat sich häufig gar nicht über eine Alternative informiert. Hat sie das erstaunt?
Erstaunt haben mich in diesem Zusammenhang die scheinbaren Widersprüche der Aussagen von GebäudeeigentümerInnen und HeizungsinstallateurInnen. Mehr als die Hälfte der GebäudeeigentümerInnen, die wieder ein fossiles System gewählt haben, geben an, ein anderes System gar nicht in Erwägung gezogen zu haben.
Auf der anderen Seite geben die InstallateurInnen an, dass die KundInnen bereits mit klaren Vorstellungen gekommen seien. Ein scheinbarer Widerspruch, der mit einer frühzeitigen Kommunikation aufgelöst werden könnte. Oder eben auch mit gesetzlichen Vorschriften, welche den Erneuerbaren grundsätzlich den Vorrang geben und Ausnahmen ermöglichen.
Gibt es einen Unterschied zwischen EinzeleigentümerInnen und grösseren Eigentümerschaften wie Pensionskassen, Wohnbaugenossenschaften, Immobilienfonds?
Grössere Eigentümerschaften lassen ihre Gebäude oft durch professionelle Verwaltungen bewirtschaften. Zudem gewichten sie Investitionskosten höher als Private. Das heisst, sie entscheiden sich eher für eine fossile Feuerung oder allenfalls für den Anschluss an die Fernwärme. Es ist zudem zu beachten, dass beispielsweise in der Stadt Zürich rund 40 Prozent der beheizten Fläche einer überschaubaren Zahl von rund 100 Unternehmen oder Personen gehören. Sie sind somit eine zentrale Zielgruppe beim Heizungsersatz.
Welche Massnahmen sind in Ihren Augen am zielführendsten zur Förderung des Umstiegs auf erneuerbare Energieträger beim Heizungsersatz?
Da Heizungen 20-25 Jahre in Betrieb sind, ist die Dringlichkeit des Umstieges auf CO2-freie Energieträger beim Heizungsersatz besonders gross. Zudem bestehen erhebliche Fehlanreize, beispielsweise die MieterInnen-/VermieterInnenproblematik. Deshalb braucht es griffige gesetzliche Vorschriften zum Einsatz erneuerbarer Energien beim Heizungsersatz. Und flankierende Massnahmen: Finanzielle Förderung, Aufbau von CO2-freien Fern- und Nahwärmenetzen, gut ausgebildete Fachleute und neutrale Beratung.
Methodik und Vorgehen: Woher stammen die Daten?
Grundlage für diesen Städtevergleich von Energieforschung Stadt Zürich waren statistische Auswertungen der Feuerungskontrolldaten. Untersucht wurde, welche Energieträger gewählt wurden, wenn in den letzten Jahren eine Heizung ersetzt wurde. Die Zeiträume variieren je nach Datenverfügbarkeit in den jeweiligen Orten, bewegen sich aber alle zwischen 2010 und 2018.
Anzumerken ist: Eine allfällige Wirkung von energiepolitischen Massnahmen, die erst kürzlich ergriffen wurden, sind aus diesen Vergangenheitszahlen nicht ersichtlich.
Text und Interview: Brigitte Mader, Kommunikation Bundesamt für Energie
Wo hapert’s? Unter anderem bei den Treibstoffen – und weniger bei den Brennstoffen (Heizungen)!
In Art. 3 Abs. 1 des aktuellen CO2-Gesetzes steht, dass bis 2020 die gesamten inländischen CO2-Emissionen gegenüber 1990 um 20 % zu vermindern sind. Bei den Brennstoffen ist man auf Zielkurs: Die CO2-Emissionsreduktion per 2019 betrug ca. 30 % (siehe https://www.bafu.admin.ch/bafu/de/home/themen/klima/zustand/daten/co2-statistik.html). Bei den Treibstoffen haben die CO2-Emissionen gegenüber 1990 zugenommen.
Mit dem neuen CO2-Gesetz, welches wiederum das Schwergewicht auf die Brennstoffe legt und die Treibstoffe weiterhin schont, wird die Fehlentwicklung weiter gehen – vor allem, weil mit dem Gesetz gegen das grundlegende Verursacherprinzip gemäss Art. 74 Abs. 2 der Bundesverfassung verstossen wird. Aber nicht nur bei den Treibstoffen hapert’s: Der Bund vergibt an viele Firmen mit grossen CO2-Emissionen (z. B. Zementindustrie) jährlich kostenlose (sic!) Emissionsrechte von ca. 5 Mio. Tonnen. Kein Wunder sind Wirtschaft und die FdP für das neue CO2-Gesetz.
Eine Heizung mit erneuerbarem „Brennstoff“ bekommt man nur, wenn man hartnäckig darauf besteht und in Kauf nimmt einen übersetzten Preis zu bezahlen. Ich habe aus eigener Erfahrung den Eindruck, dass die Installateure sich da schadlos halten, weil Wärmepumpen später kaum noch Unterhalt erfordern. Wer jetzt noch fossil betriebene Heizungen installiert, handelt verantwortungslos.
Wenn wundert’s, es brauch keine Gesetzte wenn alternativen vorhanden sind.
Solange die pseudo Alternativen Wind und Sonne propagiert werden, ist das eine Sackgasse.
Welcher hirnloser Geist denk, das z.B. Elektro- Autos die Lösung ist, der hat in der Grundschule nicht auf gepasst oder ist ein korrupter Politiker.
Es gibt bis 2050 keine Energie Lösung und man plant einen gigantischen Mehrverbrauch von Strom, der jetzt nicht reicht geschweige 2050.
Die ganze Energie Politik erwartet das die unzureichenden und teuren Angebote in andre Kassen fliesen aber keine Änderung bewirken (die Jahre später aufgedeckt werden)
Wieso wurden um 1900 die Elektroauto von der fossilen Energy verdrängt?! Es wurde gefördert und war BILLIGER.
Wird die echte Alternativ Energie gefördert (z.B. HEG = Hydraulic Energy Generator), ist die Energiewende Vergangenheit.
Solange nicht echte Alternativen geprüft und gefördert werden, gibt es keine „Energiewende“
Alternativen sind da, wenn man will !!
Wir haben nicht 30 Jahre Zeit, wir müssen sofort beginnen.
Der Artikel ist leider nicht zielführend. Ich getraue mich nicht die angegeben Städtezahlen zu hinterfragen. Aber in unserer Region ist das anders: Es werden fast überall Wärmepumpen installiert, ohne zu wissen woher der Winterstrom kommt wenn die AKW’s abgeschaltet werden. Erklärt doch lieber den Wohnhausbesitzer was!!! sie installieren sollen, wenn keine Fernheizung vor dem Hause liegt. Sicher nicht elektrische Wärmepumpen, bevor wenigstens ein taugliches Konzept vorliegt woher der Strom in Zukunft im Winter kommt. Wo sind dokumentierte neu Speicherseen? Wo Wasserstoffspeicher etc? Wo Alternativen? Und woher kommt nicht fossile Fernwärme? Nur mit Abfallwärme aus KVA’s reicht ja nirgends hin. Bitte bringen Sie also realisierbare Vorschläge