Südkorea: Mit Erneuerbaren und Energieeffizienz in die Zukunft
Alle fünf Jahre muss sich jedes Mitgliedsland der Internationalen Energieagentur (IEA) einer Tiefenprüfung unterziehen. Ein internationales Team aus Experten überprüft während einer Woche den aktuellen Stand der Energiepolitik dieses Landes und trifft sich dazu mit Behörden, Verbänden, Regulatoren und weiteren Organisationen.
Im Sommer erhielt ich von der IEA den Bescheid, dass ich als Experte für die Tiefenprüfung Südkoreas ausgewählt worden war. Während fünf Tagen das südkoreanische Energiesystem kennenlernen und Inputs für den Bereich Energieeffizienz liefern? Klingt nicht nur spannend – es ist es auch!
Denn Korea ist zwar geografisch eine Halbinsel, bezüglich der Energieversorgung ist Südkorea jedoch vollständig auf sich gestellt. Es gibt keine Stromleitung ins Ausland, die Stromversorgung muss somit landesintern sichergestellt werden. Dies geschieht hauptsächlich durch importierte fossile Brennstoffe, welche für 73% der Stromerzeugung (Kohle: 45%, Erdgas: 25%, Öl: 2%) verantwortlich sind. Der Anteil der Kernenergie nahm im letzten Jahrzehnt ab, war jedoch mit einem Anteil von 23% im Jahr 2018 immer noch die drittgrösste Energiequelle. Leidglich 4% der gesamten Energieerzeugung entfielen auf erneuerbare Energien (Solar 2%, Wasserkraft 1% und Bioenergie und Abfall 1%).
Auswirkungen einer derartigen Energieversorgung sind die hohe Feinstaubbelastung, die an 258 Tagen pro Jahr die gesetzte Limite von 50 Mikrogramm pro Kubikmeter überschreitet. Unter anderem darum plant die südkoreanische Regierung die Umstrukturierung ihres Elektrizitätssystems. Dies soll durch die Schliessung älterer Kohlekraftwerke, eine schrittweise Verringerung der Abhängigkeit von Kernkraft (und dem Ausstieg im Jahr 2083) und eine erhebliche Steigerung der erneuerbaren Erzeugung auf 20% (im Jahr 2030) geschehen. Allerdings bedarf es dazu auch regulatorischer Anpassungen, da die aktuelle Marktstruktur variable Erneuerbare eher benachteiligt.
Der dieses Jahr veröffentlichte dritte Energie-Masterplan sieht zudem vor, den Endenergieverbrauch Südkoreas bis 2040 um 18,6% gegenüber dem Szenario «Weiter wie bisher» (ohne zusätzliche Effizienzmassnahmen) zu senken. Griffige Instrumente, um vor allem in der Industrie und im bestehenden Gebäudepark diese Einsparungen zu erreichen, fehlen jedoch noch und müssten so rasch als möglich entwickelt werden.
Südkorea, dessen vom Krieg (1950-1953) zerstörte Wirtschaft sich innerhalb weniger Generationen zur elftgrössten Volkswirtschaft entwickelt hat, ist die erfolgreiche Umsetzung dieser anspruchsvollen Aufgaben aber durchaus zuzutrauen.
Markus Bleuer, BFE-Fachspezialist Geräte und wettbewerbliche Ausschreibungen
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